Ich weiß nicht, wie es euch geht: Aber bei dem Ausblick auf das Wetter da draußen legt man sich am besten wieder hin und liest ein gutes Buch. Ich hätte da auch gleich einen guten Tipp 😉

»Nimm die Zügel!«, befahl Cataran harsch und reichte Juna die Lederriemen weiter. »Ich muss ein wenig Theaterdonner machen.«
Juna nahm die Zügel angewidert aus den Händen des Dämons. Sie ließen sich nur schwer bändigen, wie immer. Sie waren aus der Haut eines lebenden und magisch behandelten Elefanten geschnitten und imprägniert worden. Nur mit Hilfe der dunklen Energien, die durch die Riemen flossen, gelang es, die dämonischen Rösser ihres Wagens zu beherrschen.
»Der Jahrmarkt Chernadusha kommt nach Wien!«, rief Cataran mit lauter und vielgeübter Stimme und winkte dabei den Menschen am Straßenrand zu. »Der Jahrmarkt Chernadusha ist erstmals nach vielen Jahren zurück in der schönsten Stadt der Welt. Nach viel-um-ju-bel-ten Vorführungen in Pressbaum, Budapest, Prag und Graustedt können nun auch die Wiener die sen-sa-tio-nel-len Leistungen unserer Athleten bewundern und die wildesten Tiere aus den dunkelsten Regionen unserer Welt
erleben. Kommen Sie, kommen Sie! Besuchen Sie den Jahrmarkt Chernadusha auf dem Wiener Messegelände. Der Jahrmarkt Chernadusha bietet Ihnen Spannung, Spaß und Gänsehaut! Nur für zehn Tage! Der Jahrmarkt Chernadusha ist zurück in Wien …«
Juna schaffte es nur unter Mühen, die beiden Hengste zu bändigen, während ihr Wagen an einer Gruppe junger Mädchen vorbeirollte, die aufgeregt schnatterten und mit den Fingern in Richtung des langen Wagenzugs deuteten. Noch zögerten sie, noch blieben sie auf Distanz zu den Jahrmarktwagen, die die Brünner Straße entlang ratterten.
Die Tiere wurden noch unruhiger. Sie rochen das Jungfrauenblut – und sie waren hungrig. Bereits seit Tagen war der Jahrmarkt unterwegs, zogen die Wagen nach mehreren Gastspielen im südlichen Burgenland und Niederösterreich auf Nebenstraßen Richtung Wien. Die Instinkte der Tiere sagten ihnen, dass sie endlich wieder mal für längere Zeit rasten durften und etwas Anständiges zum Fressen bekommen würden.
Cataran tat einige großartige Gesten. Der Weißclown des Jahrmarkts zog unter dem Gelächter von Kindern und Jugendlichen einen riesigen Sack aus seiner Hose hervor, tat geheimnisvoll und griff dann hinein.
»Für all unsere jungen Freunde!«, rief Cataran und warf fein verpackte Süßigkeiten in die Traube der Wartenden. »Esst nur, esst! Denkt an den Jahrmarkt Chernadusha! Kommt zu den Vorstellungen auf dem Wiener Messegelände! Die ersten Vorführungen beginnen morgen Nachmittag, Kinder bis zwölf Jahre kommen zum Halbpreis aufs Gelände!«
Die Kinder stritten sich um die Bonbons, wie auch die etwas älteren Mädchen, die nun allesamt ihre Scheu überwanden. Sie zupften die Süßigkeiten aus dem Papier, schoben sie sich in den Mund und schmatzten genussvoll darauf herum.
Cataran schrie und brüllte und tanzte auf der Pritsche des Wagens umher, während Juna alle Mühe hatte, die Pferde auf dem Kopfsteinpflaster der Brünner Straße zu behalten.
Eigentlich war sie froh darüber, den Kindern nicht beim Essen der Süßigkeiten zusehen zu müssen. Denn ihre Münder färbten sich allmählich rot, grünrotes Blut troff von ihren Lippen.
Die Jugendlichen unterlagen einer geringen Hypnosewirkung, die Cataran bewirkte. Sie glaubten, Bonbons zu lutschen – und stopften sich stattdessen Würmer, Maden und Ungeziefer in den Mund.

Und, Appetit bekommen? Wie es Juna in diesem merkwürdigen Dämonen-Zirkus weiter ergeht, erfahrt ihr im aktuellen DAS HAUS ZAMIS-Band „Und ewig währt die Nacht“, den ihr hier bestellen könnt!

Ich wünsche euch ein schauriges Vergnügen!
Uwe