Im Gespräch mit Simon Borner

29. April 2016

Simon Borner hat mit „Die versunkene Stadt“ einen Teilroman zu DORIAN HUNTER 83: „Der Orden von Delphi“ beigetragen. Hier erzählt er etwas über das Einhalten von Längenvorgaben, seinen inneren Fanboy und seine Ausflüge in anderen Welten.

Fangen wir mal ganz von vorne an. Wie gehst du an einen Roman heran, den du nach Exposé schreibst? Uwe Voehl hat mal verraten, dass er vom Exposé nur immer ein Stück liest, das dann schreibt und danach erst weiterliest. Hast du ähnliche interessante Angewohnheiten?

Ich glaube, diese Methode würde mich in den Wahnsinn treiben. Ich muss das komplette Exposé kennen, bevor ich den ersten Satz schreibe. Anders wüsste ich nicht, welche Szenen welchen Umfang haben dürfen. Bevor ich mit dem Schreiben eines DH-Romans beginne, arbeite ich also dein Exposé stets sehr genau durch und gliedere es (für mich) in Sinnabschnitte, in einzelne Szenen. Diese bewerte ich dann nach ihrer Wichtigkeit, also nach ihrem Informationsgehalt und ihrer atmosphärischen Bedeutung für das gesamte Werk. Und auf Basis dieser Bewertung entscheide ich dann über ihre jeweilige Länge. Nur so bin ich in der Lage, dem Roman überhaupt den gewünschten Umfang zu geben. Anders würde ich vermutlich am Ende einiges zu rasch abhandeln müssen, um den Umfang einzuhalten. Und das wäre (auch für mich) arg unbefriedigend.

Wie bist du an „Die versunkene Stadt“ herangegangen? Ich erinnere mich, dass du die Mail, mit der du das Manuskript abgegeben hast, mit einem herzlichen „Iäh Iäh ftagn“ geschlossen hast. Hast du versucht, die Lovecraft-Parallelen ein bisschen herauszuarbeiten?

Ich liebe Lovecraft!(, zwingt mich die unaussprechliche Kreatur in meinem Rücken zu schreiben.) Ich kann gar nicht sagen, wie viele Romane und Geschichten (auch Pastiches) des Cthulhu-Mythos ich im Laufe der Jahre schon verschlungen habe. Als dein Exposé kam und mir klar wurde, wohin diese Reise gehen würde, war das für den inneren Fanboy in mir also gewissermaßen wie Weihnachten. Klar wollte ich diese Chance unbedingt nutzen. Ich hoffe, es ist mir halbwegs gelungen.

Du hattest auf jeden Fall den lovecraftianischeren Teil der Geschichte, wohingegen Kollegin Catherine Parker, die den anderen Teilroman dieses Bandes geschrieben hat, mehr griechische Historie bekommen hat. Ich versuche als Exposéautorin ja immer die Romane so zu verteilen, dass jeder Teamautor das Thema bekommt, das am ehesten seinen Stärken und Vorlieben entspricht. Es freut mich, dass das hier so gut geklappt hat.
Du hattest in deinem Roman aber auch viel Vergangenheitshandlung. Dorians früheres Leben Hugo Bassarak findet sich in Kapstadt wieder. Dort tut er sich nicht nur mit dem Afrikaner N!xau zusammen, um gegen die Mächte des Bösen zu kämpfen sondern auch ausgerechnet mit einem Dichter, Ezio Milano. Mir hat ja der Dichter am besten gefallen, weil ich Charaktere mag, die auf den ersten Blick nicht so ganz in die Situation zu passen scheinen, in die man sie wirft. Wie ging es dir? Welchen Nebencharakter hast du am liebsten geschrieben?

Eigentlich mochte ich sie alle, vom Smutje des portugiesischen Schiffes Esperança bis hin zum straßenschlauen N!xau. Wenn ich mich für eine Figur entscheiden soll, dann wähle ich aber Bassarak selbst. Diesen Mann, der alles hinter sich lassen will. Der die Schatten früherer Tage nicht los werden kann und einen klaren, fatalistischen Bruch mit seinem bisherigen Leben ersehnt – aber ihn einfach nicht bekommt. Das war ein Ansatz, den ich sehr glaubhaft und nachvollziehbar fand. (Wer würde schon mit Bassarak tauschen wollen?) Der Flüchtende, den die eigene Vergangenheit einholt. Der Held, der Held sein muss, ob er es will oder nicht. Diese Tragik hat mir sehr gefallen.

Zwar nicht als Simon Borner, aber als Christian Humberg hast du in letzter Zeit neben Hunter auch Star-Trek-Romane und Kinderbücher geschrieben. Hast du eine bestimmte Methode, wie du von Horror zu Science Fiction zu Kinderliteratur umschaltest, oder siehst du da gar nicht so viele Unterschiede?

Die Arbeit als solche, also das Schreiben an sich, unterscheidet sich von Genre zu Genre eigentlich gar nicht. Hier wie da muss ich ein Wort an das andere anfügen, bis irgendwann die Geschichte fertig ist. Natürlich sind die Themen unterschiedlich – genau wie mitunter der Tonfall; besonders im Kinderbuch ist eine etwas andere Sprache als beispielsweise im Horror unabdingbar – aber da hören die Unterschiede meist auch schon auf. Ob ich nun über Monster, Raumschiffe (wie bei meiner Trilogie „Star Trek Prometheus“) oder das Abenteuer Hausaufgaben schreibe (etwa in meinen Kinderbuchserien „Die unheimlichen Fälle des Lucius Adler“, „Drachengasse 13“ und „Sagenhaft Eifel!“), es geht überall um glaubhafte, interessante Charaktere und eine spannende sowie faszinierende Handlung. Das zu erzeugen, das ist mein Job als Schriftsteller. Und der bleibt eigentlich in jedem Genre gleich.
Ob mir das gelingt, davon kann sich jeder selbst ein Bild machen: Mein Ko-Autor Bernd Perplies und ich sind mit „Star Trek Prometheus“ in diesem Jahr auf diversen Cons anzutreffen. Unter anderem treten wir auf dem ColoniaCon, der FedCon und der Comic Con Germany auf.