… lautet sein Vorname mit Sicherheit Skarabäus, und gemeint ist der Schiedsrichter der Schwarzen Familie. Wie auch immer: Meistens ist sein Besuch kein gutes Zeichen – und auch in diesem Fall bringt er schlechte Nachrichten. Mit dem „Galgenhaus“ begrüßen wir zudem eine länger vermisste Autorin endlich wieder im HAUS ZAMIS: Catalina Corvo. Und hier lüften wir schon mal den Vorhang, was der Grund seines Besuches in der Villa Zamis ist: 

Ich ließ mich im Wohnzimmer nieder. Ein in Leder gebundenes Zauberbuch aus dem vierzehnten Jahrhundert in der einen Hand und eine Espressotasse in der anderen, machte ich es mir auf dem Sofa gemütlich. Ich hatte gerade die ersten paar Seiten überflogen und meine innere Unruhe beinahe vergessen, da durchflutete mich ein bezwingender Schmerz.

Ich krümmte mich zusammen. Mein Kopf schien zu zerbersten, mein Herz schlug panisch, weiße Funken tanzten vor meinen Augen. Ich suchte nach einem magischen Angreifer, aber ich konnte kaum klar sehen, geschweige denn klar denken.

Irgendwann ließ der Schmerz so weit nach, dass ich wieder Kontrolle über mich gewann. Ich lag zusammengekrümmt vor dem Sofa und sabberte in den Flokati. Neben mir breitete sich eine Espressolache auf dem Teppich aus. Das Buch musste ich von mir geschleudert haben, es lag ein paar Meter von mir entfernt auf dem Parkett.

Ich spürte den bitteren Geschmack von Galle im Rachen und die metallische Süße von Blut auf meiner Zunge. Meine Wange schmerzte, wahrscheinlich hatte ich mich blutig gebissen. Mein Hals tat weh. Ich konnte nur vermuten, dass ich mir während des Anfalls die Seele aus dem Leib geschrien hatte. Das T-Shirt war schweißnass und voller Espressospritzer.

Ich rappelte mich hoch, wankte auf zittrigen Beinen zum Spiegel im Flur, um mich zu begutachten, doch als ich hineinsah, fand ich nur Dunkelheit. In diesem Augenblick begriff ich endlich, was der Schmerz bedeutete, der nach wie vor durch meine Adern kreiste. Plötzlich fühlte ich die Leere. Der Schmerz ersetzte eine Resonanz, die vorher da gewesen war. Und nun war sie fort.
Vater, Mutter und auch Coco. Sie waren nicht mehr auf dieser Welt. Das wusste ich mit Sicherheit. Denn gerade eben hatte ich ihren Tod wahrgenommen. Der Todesimpuls war in der Schwarzen Familie bekannt. Mächtige Dämonen, einander verwandt im Blute, konnten unter Umständen spüren, wenn ein Familienmitglied starb. Zumindest, wenn die Verbindung im Leben stark gewesen war.

Ich hatte mir nie darüber Gedanken gemacht, wie eng meine Bindung an die Familie eigentlich war. Aber nun, da ich den Verlust körperlich spürte, merkte ich, dass es eine starke Verbindung gegeben hatte. Eine Magie, ein Kontakt, den ich bisher nie verstanden hatte.

Ich musste mich an der Wand abstützen. Die Schwärze vor meinen Augen verzog sich langsam, und ich blickte in mein eigenes entsetztes Antlitz.
Ich zwang mich, tief und ruhig zu atmen, um mich wieder einigermaßen zu beruhigen. Das Haustelefon klingelte, aber ich schaffte es nicht, hinzugehen. Ich ließ es läuten, bis es von allein aufhörte. Dann vernahm ich, wie im Wohnzimmer mein Mobiltelefon losdudelte. Auch das ignorierte ich. Kaum war es verstummt, klingelte es an der Tür.

Das Schicksal wollte mir partout keine Ruhe gönnen. Ich war nur wenige Schritte von der Haustür entfernt, dennoch kam mir der Flur wie eine Marathonstrecke vor. Mit zittrigen Fingern öffnete ich. Am Ende der Einfahrt stand ein Schatten vor dem Gartentor.

Ich warf mir eine Jacke über und ging näher. Sorgsam darauf bedacht, den durch unsere magischen Fallen geschützten Bereich nicht zu verlassen. Die Nachtluft belebte meine Sinne, der Schmerz ebbte ein wenig ab.
Hinter dem Tor wartete eine dürre Gestalt in einem langen, altmodischen Gehrock. Skarabäus Toth, die alte Geiernase, stützte sich auf einen dunklen Gehstock. »Mein Beileid zu Ihrem Verlust, Herr Zamis«, schnarrte er …

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