DORIAN HUNTER 89 enthält einen Teilroman, der die meisten von euch wohl überrascht haben dürfte. Dorian Hunter gelingt hier ein Sieg gegen die Schwarze Familie in einer Größenordnung, die man sonst so in der Serie nicht kennt. Die Aufgabe, diesen bahnbrechenden Schlag zu schreiben, ist Christian Schwarz zugefallen, der hier in seinen eigenen Worten berichten wird, wie er sich dieser Herausforderung gestellt hat.

Fast hätte ich Dorian Hunter 89 gar nicht geschrieben – obwohl ich dafür eingeteilt war. Denn wegen anderer Aufträge konnte ich den Abgabetermin Ende Mai unmöglich halten. Den von mir vorgeschlagenen Autorentausch (ich schreibe einen Teil der Nummer 90, der entsprechend eingeteilte Autor übernimmt meinen 89er-Teil) lehnte Andrea ab und gab mir stattdessen einen Monat obendrauf (Anmerkung der Redaktion: Ich richte die Exposés auf die Stärken des jeweiligen Autors hin aus. Jemandem ein Exposé zu geben, das eigentlich für einen anderen Autor gedacht war, sorgte im Zweifelsfall dafür, dass jemand irgendwas schreiben muss, was er gar nicht so gerne schreibt, und das ist nie gut.). Zum Glück. Denn so kam ich in den Genuss, den seit langem aufregendsten Roman der Serie zu schreiben: Ich durfte die komplette Dämonenschaft Großbritanniens ausrotten! Das war mal eine Ansage.

So mancher Leser hatte ja schon gemurrt, dass Dorians Tochter Irene jede Menge Lebensuhren herstellt, ohne sie gegen die Dämonen zu benutzen. Natürlich. Denn Irene ging es nie darum, hie und da mal einen Dämon zu killen, sondern die komplette Schwarze Familie auf einen Schlag auszulöschen. Na ja, so ähnlich zumindest. Denn ein Probelauf für ein derart gigantisches Unterfangen muss natürlich schon sein. Und so entschlossen sich das Hunter-Double (oder doch eher die Expo-Redaktion?), als Generalprobe die britische Insel dämonenfrei zu machen. Ein genialer Schachzug, weil so eine Insellage die Fluchtmöglichkeiten doch drastisch einschränkt. Selbst bei Dämonen – sofern sie den Feind auch in den eigenen Reihen haben, was hier ganz eindeutig der Fall ist.

Puh. Andreas Expo gab die Geschichte in großen Teilen vor, trotzdem blieb noch genügend Raum für mich, um eigene Ideen einzubringen. Als Leser der ersten Stunde hatte mich schon immer die Alkahest-Sippe fasziniert. Der Dämonenrocker Demur Alkahest, der vorzugsweise in London sein Unwesen trieb, war noch gut in meinem Gedächtnis verankert, ebenso das hübsche Wasserschlösschen des Count Lucius of Alkahest nahe des (erfundenen) schottischen Orts Sinclair, wo er das allbekannte Theriak herstellte. Andrea hatte dankenswerterweise eine Cailin Alkahest ins Expo geschrieben, die als Verlobte unserer dämonischen Hauptperson Leonard Manning fungieren sollte. Viel mehr nicht. Trotzdem war Cailin ein prächtiges Alibi für mich, ihr eine tragende Rolle im Roman einzuräumen, sie mit ein wenig Hintergrund zu versehen und die Alkahest-Saga so um eine Nuance zu erweitern.

Jetzt ging’s los. Was wusste ich überhaupt noch über die Alkahests? Demur hatte seinerzeit seinem Onkel Count Lucius die Theriak-Formel klauen wollen und war im Wasserschlösschen umgekommen. Hm. Wie genau, entzog sich meinem Wissen allerdings. Also Recherche. Ach ja, stimmt ja. Demur war von dämonischen Pflanzen, die man zur Herstellung des Theriaks brauchte, ermordet worden. Und Dorian hatte Count Lucius gemeuchelt sowie dessen Alchimistenküche abgefackelt. Und jetzt? Soweit ich mich erinnerte, spielte das Alkahest’sche Wasserschloss anschließend keine Rolle in der Serie mehr. Also konnte ich es als Kulisse wiederaufleben lassen. Schon mal sehr gut. Nächste Fragestellung: Welche weiteren Alkahests kamen wann und wo in der Serie vor? Da war natürlich die selige Hekate, die aus der Alkahest-Sippe stammte. Desweiteren erinnerte ich mich noch an einen Klingor Alkahest, der in Dorian Hunter 17 „Die Hexe von Andorra“ einen tödlich endenden Auftritt gehabt hatte. Aber sonst? Nicht viel. Also erfand ich Demurs Bruder Demian, der mit Frau und Tochter Cailin viele Jahre nach den damaligen Ereignissen ins inzwischen verfallene Wasserschlösschen einzog, dem ehemaligen Stammsitz der Alkahests. Und weil ich wie gesagt Altleser bin, konnte ich es natürlich nicht lassen, ein kleines Gimmick für andere Altleser einzubauen: Cailin findet unter verdorrten Pflanzen die mumifizierte Leiche ihres Onkels Demur und in dessen Tasche das originale Theriak-Rezept. Denn das hatte laut der vorangegangenen Ereignisse immer noch dort zu stecken, genauso wie Demur niemals aus dem Pflanzenwust befreit worden war. (Anmerkung der Redaktion: Seht ihr, das ist etwas, das am besten in einem Christian-Schwarz-Exposé funktioniert. Man lässt so nebenher einen altbekannten Namen fallen, und der geschätzte Kollege erledigt den Rest der Arbeit selbst. Ich sage nicht, dass der Rest des Teams recherchefaul ist, aber niemand anderem macht Recherche so viel Spaß. Das war die Verschiebung des Abgabetermins ganz eindeutig wert.)

Dass ich einige tragende Szenen im Wasserschlösschen und drumherum angesiedelt habe, versteht sich von selbst. Aber auch darüber hinaus hat es einfach nur Spaß gemacht, den britischen Dämonen allesamt eins aufs Haupt zu geben und – ebenso spaßig – den Roman mal aus der Sicht eines aufmerksamen kleinen Dämons zu schreiben, der dem gemeinen Hunter-Mordplan schneller als die anderen auf die Schliche kommt. Dass Leonard Manning die Geschichte als einer von ganz wenigen Dämonen überlebt, ist trotzdem pures Glück. Aber auch die Begabung, zur rechten Zeit das Richtige zu tun, spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Was ich damit meine? In Band 89 steht’s.