Am Ende der Welt

13. August 2021

Ja, da sitze ich gerade. Wortwörtlich. Hammerfest ist – angeblich – die nördlichste Stadt der Welt. Hier gibt es Felsen, sehr viele Felsen. Dazu einige verkrüppelte Bäume (meist Birken), Wind und Nebel, der vom Ozean kommend übers Land zieht und die Insel Kvalöya einpackt.
Möwen kreischen (und landen ab und zu auf dem Vordach), alle paar Minuten fährt ein Auto an meinem Hotel vorbei. Es regnet, weil eigentlich regnet es fast immer. Das beiliegende Bild dokumentiert all diese Dinge recht gut.

Die Sonne geht kurz vor zehn Uhr abends unter und gegen 2:30 wieder auf. Aber auch dazwischen wird es nie ganz dunkel. Es ist eine eigentümliche Stimmung, die ich aufsauge und verinnerliche. Ich bin mir sicher, dass ich all diese Eindrücke eines Tages in einem DORIAN HUNTER-Roman verwenden kann.

Nebstbei sammle ich auf meiner Motorradreise auch die Mythen des jeweiligen Landes. Trolle sind in in der norwegischen Kultur nicht derart präsent wie in Island, aber dennoch begegnet man ihnen immer wieder. Sie werden meist als dickbauchige und wildhaarige Gestalten gezeichnet, deren markantestes Merkmal die lange Nase ist.
Eine der bekanntesten Aussichtsstraßen Norwegens ist der sogenannte „Trollstigvegen“ im norwegischen Fjordland. Über mehrere Kehren windet sich die Straße eine beeindruckende Gebirgsschulter empor. Wie die regenreiche Landschaft Norwegens ohnedies glauben macht, dass hinter der nächsten Erhebung ein Troll oder ein Riese hervortreten könnte und über dich herfällt. Meist sind es dann aber bloß Rentiere, die unmittelbar vor deinem Motorrad über die Straße trappeln und dabei gemächlich kauen.
Seltener bekommt man Elche zu sehen. Sie sind scheue Tiere – aber unglaublich beeindruckend. Ich hatte letztes Jahr eine Begegnung mit zwei von diesen Riesen. Sie stapften über die Straße, hinab in ein enges Tal. Blickten nochmals zu mir hoch, als wollten sie mich hämisch auslachen, als ich verzweifelt versuchte, das Handy für ein Foto aus meinem Tankrucksack zu nesteln. Kaum hatte ich es geschafft, wandten sie sich um und verschwanden im Regen. Ihre dumpf klingenden Schritte, die sie auf den Moosboden setzten, waren noch für einige Sekunden zu hören, dann war es vorbei. Und ich ohne Erinnerungsbild zurückgeblieben.

Wie gesagt: Es sind nach wie vor Eindrücke und Erinnerungssplitter, die ich sammle. Dorian Hunter hat meines Wissens nach noch nicht allzu viele Abenteuer in nordischen Ländern bestanden. Es gibt die – bereits vage ausformulierte – Idee, ihn im Land der Asen herumabenteuern zu lassen. All die Eindrücke, die ich gerade sammle, verdichten und verbessern dieses Konzept. Es macht richtig Spaß, Fiktion und Realität miteinander zu verweben. Und damit bin ich gerade ausführlich beschäftigt.