Coco Zamis, unsere aller Lieblingshexe, ist modern, gutaussehend, intelligent, gefühlvoll – mit einem Satz: Sie entspricht in jeder Hinsicht nicht dem klassischen Klischee der bösen hässlichen Hexe. Der erste Autor, der sich von diiesem Klischee bewusst verabschiedete und dessen Roman „Hexenvolk“ bis heute als die Geburtsstunde des modernen Horrors gilt, heißt Fritz Leiber.

In der Hitparade Origineller Erster Sätze nähme Fitz Leibers „Hexenvolk (Conjure Wife)“ sicherlich einen der ersten Plätze ein: „Norman Saylor gehörte nicht zu den Männern, die im Ankleidezimmer ihrer Ehefrau spionieren.“
Aber genau diesen Fehler begeht Norman Saylor und leitet damit nicht nur eine Ehekrise ein, sondern seinen beruflichen Untergang gleich mit. Als junger Universitätsprofessor in einem verschlafenen Städtchen ist Norman die letzten Jahre Stück für Stück die Karriereleiter emporgestiegen , und er weiß sehr wohl, dass er dies auch seiner Frau Tansy verdankt. Doch er ahnt nicht, mit welchen Mitteln sie seinen Erfolg begünstigt.
Wie alle Frauen erfolgreicher Männer an der Universität, bedient auch sie sich der Hexenkunst.
Als Norman dies entdeckt, sie zur Rede stellt und sie zwingt, diesen „Unsinn“ zu unterlassen, gerät das kunstvoll von Tansy gewirkte Hexenkonstrukt ins Wanken. Doch nicht nur Normans berufliche Karriere gerät damit augenblicklich ins Straucheln, denn die Hexen von Hempnell sind grausamer als gedacht …

Fitz Leibers Jahrhundertwerk „Hexenvolk“ erschien 1943 in UNKNOWN, zehn Jahre später, 1953 als Buchausgabe. Bedenkt man die Entstehungszeit, ist der Stil unglaublich modern, und die Thematik ist es sowieso, denn steckt nicht bis heute hinter jedem erfolgreichen Mann eine Frau? Für Stephen King markiert „Hexenvolk“ die Geburtsstunde des modernen Horrors. Ramsey Campbell findet den Roman „bis heute besser als jeder andere unheimliche Roman“. Und seit ich ihn erstmals 1976 in verstümmelter Form als „Spielball der Hexen“ als Vampir Horror-Roman-Taschenbuch las, gehört er bis heute zu meinen absoluten Top 5! Man sollte sich natürlich die 2008 in der Edition Phantasia erschienene ungekürzte Paperbackausgabe zulegen. In dem darin enthaltenen Nachwort bringt es Christian Endres auf den Punkt, wenn er schreibt:
„Ist ‚Hexenvolk‘ doch das erste Aufbäumen der neuzeitlichen unheimlichen Phantastik – der erste bewusste (und geglückte) Versuch, die rostigen, rasselnden Gespensterketten der angestaubten Schauerliteratur zu zerreißen und dafür neue, von der Jetztzeit geprägte ‚Gespenster‘  – sich von Neurosen und Ängsten ernährende innere Dämonen! – eine neue Generation Horror-Leser heimsuchen zu lassen.“

Dieses Gefühl hatte ich übrigens schon Jahre bevor die deutsche Erstausgabe auf den Markt kam: Bei der Lektüre des zweiten DK-Romanheftes „Das Henkersschwert“. Insofern waren es zumindest in Deutschland Ernst Vlcek und Neal Davenport, die mit ihrem DÄMONENKILLER die Neuzeit des Horrors eingeläutet haben und damit bis heute Generationen von Lesern begeistern.

Keep the Horror burning!
Uwe