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Am kommenden Montag erscheint DAS HAUS ZAMIS Buch 69, in dem es Coco und ihre Schwester Juna nach Norwegen verschlägt, wo sie im Auftrag von Michael Zamis neue Verbündete gewinnen sollen. Allerdings ist Johan Nygård, das Oberhaupt einer mächtigen Hexersippe, nicht sehr angetan von dem Gedanken, einen Pakt mit den Zamis zu schließen. Nygard verlangt eine Gegenleistung – von Michael Zamis. Als Coco erfährt, welche Absprache ihr Vater und Johan Nygård getroffen haben, ist es bereits zu spät … Hier gibt’s eine umfassende Leseprobe des Bandes, den Michael M. Thurner un Madeleine Puljic für euch verfasst haben:
Der Flug nach Oslo war von Annehmlichkeiten geprägt. Es hatte nicht viel gebraucht, um zwei Plätze in der Business Class zu ergattern und einen Passagier mit entsprechender Ausbildung zu finden, der Juna und mir angenehme Massagen verpasste.
Kaum angekommen, organisierten wir einen Mietwagen und machten uns auf den Weg. Rasch ließen wir die Stadt hinter uns und fuhren über die stark befahrene E6 Richtung Norden.
»So habe ich mir Norwegen immer vorgestellt«, sagte Juna und seufzte. »Feucht, grün und viel Natur.«
»Wart’s mal ab, bis wir die großen Gletscher erreicht haben.«
»Warst du etwa schon mal hier?«
»Weiter oben im Norden«, antwortete ich knapp und erinnerte mich an ein Abenteuer, das gar nicht mal so lange her war und das mich fast bis ans Nordkap geführt hatte. Und zwar in die Kleinstadt Alea. Gemeinsam mit Guardian, den ich seit Wochen versuchte, aus meinen Erinnerungen zu verdrängen. Er hatte mir einige ungute Erfahrungen beschert.
Ich schwieg und ließ alle weiteren Versuche Junas, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, an mir abprallen. Ich wollte das Land in mich aufsaugen und mir einen Eindruck von dem verschaffen, was mich erwartete.
Je länger wir unterwegs waren, desto dünner wurde der Verkehr. Aus einem riesenhaften Holzbau, dem angeblich größten der Welt, empfing ich widerliche Gedanken. Im Wood Hotel nahe der Stadt Brumunddal waren Dämonen einquartiert, die sich keine Mühe gaben, ihre Anwesenheit zu verbergen. Sie fühlten mich genauso, wie ich sie spürte, zeigten aber keinerlei Interesse an mir.
Die Stadt Lillehammer huschte an uns vorüber. Was bislang eine großzügig ausgebaute Schnellstraße gewesen war, wurde zu einer gewundenen Landstraße. Langgezogene Seen wurden von eng gekerbten Tälern abgelöst. Regen prasselte auf unser Auto nieder, die Sonne lugte hervor, Sturmwind toste über uns hinweg und brachte ein wenig Schnee mit sich. Bald darauf strahlte die Sonne wieder auf uns herab. Binnen einer Stunde lernten wir die unterschiedlichsten Naturgewalten kennen.
»Es sind die nordischen Götter«, sagte ich.
»Wie bitte?« Juna schreckte hoch. Offenbar hatte sie geschlafen.
»Die nordischen Götter sitzen im Jotunheimen, sagt man«, fuhr ich fort. »Im höchsten Gebirge Norwegens. Sie sorgen für unruhiges Wetter, wenn sie unzufrieden sind. Man sagt, dass Riesen und Trolle im ewigen Eis des größten Gletschers Jostedalsbreen umherwandern und nach wie vor darauf warten, das Land wieder von den Menschen in Besitz zu nehmen.«
»Und wie viel davon stimmt?«
»Das hat mir Vater nicht beantworten können oder wollen. Er meinte, dass in jeder Geschichte ein wahrer Kern steckt. Ich solle nicht überrascht sein, wenn wir tatsächlich dem einen oder anderen Troll begegnen. Aber unsere Konzentration muss den Nygårds gelten.«
»Wie werden wir deine Verwandten aufspüren?«
»Sie spüren uns, wir spüren sie. Außerdem sind es auch deine Verwandten. Immerhin bist du meine Halbschwester.«
Sonderbar. Juna nahm auf dieser Reise eine Rolle ein, die ich vor ein paar Jahren gepachtet hatte. Ich war die Schülerin gewesen, die über die dämonischen Wunder der Welt aufgeklärt worden war. War es das, was das Älterwerden ausmachte?
Wir erreichten die kleine Stadt Otta, die bloß aus einer Brücke, einem überdimensionierten Einkaufspark und einer Tankstelle bestand. Gewiss kamen alle Bewohner der Umgebung hierher, um sich mit dem Nötigen zu versorgen. Erneut fühlte ich die Präsenz von Dämonen – und entdeckte sogar einen von ihnen nahe dem Supermarkt. Ein großer, hagerer Mann mit weißblonden Augen, der seinen Wanderstock wie mahnend in Richtung unseres Autos ausrichtete.
Wollte er mich warnen? Oder auf irgendeine seltsame Weise markieren?
Es interessierte mich nicht sonderlich. Ich war ein Gast der Nygårds. Vater hatte mir erzählt, dass sie in diesem Teil Norwegens respektiert und gefürchtet wurden. Fast so sehr wie die Götter, Riesen und Trolle im Jotunheimen.
Wir ließen Otta hinter uns und fuhren den Verlauf eines Flusses entlang. Ob die Menschen, die hier lebten, überhaupt zu schätzen wussten, wie schön ihr Land war?
Nun, zumindest in den Frühlings- und Sommermonaten. Denn ab Oktober liegt eine meterdicke Schneedecke über der Landschaft.
»Wir sind bald da«, sagte ich zu Juna. »Denk dran, dass du mir das Reden überlässt. Und fang ja nichts mit einem der Nygårds an. Man sagt, dass sie sich ausgezeichnet drauf verstehen, andere Wesen zu bezirzen.«
»Ich habe genug von der Liebe. Niemals mehr wieder werde ich mich für einen Mann interessieren.«
»Natürlich.« Ich seufzte in mich hinein und sagte laut: »Die Nygårds sind auch nicht an Liebe interessiert. Sie wollen das rasche Vergnügen. Sie entziehen Menschen und Dämonen Lebenskraft und ziehen Stärke daraus. Also nochmals: keine Leidenschaft. Kein Sex.«
Juna nickte und kniff instinktiv die Beine zusammen. Sie war so … menschlich. So völlig naiv und kaum erfahren in dämonischen Gepflogenheiten. Hätte sie nicht diese ganz besondere Begabung besessen, Wünsche in die Realität umsetzen zu können, wäre sie längst vernichtet worden.
Nun, ich war ihr diese Kraft nicht neidisch. Jeden einzelnen Wunsch, den sie äußerte, musste sie teuer bezahlen. Um das Leben meines Bruders Georg retten zu können, hatte sie in Kauf nehmen müssen, seine Liebe zu verlieren.
Entlang der Straße waren nun wieder mehr Häuser zu sehen. Oft massive Holzbauten, die in die Landschaft gestreut waren. Ein See, dessen Wasser von einem besonders kräftigen Blau war, zog sich zu unserer Rechten dahin, bis wir Lom erreichten.
Ich sah mich um und versuchte, irgendwelche Anzeichen dämonischer Präsenz zu erkennen, zu schmecken.
Nichts.
»Die Nygårds scheinen sich gut zu tarnen«, sagte Juna zu meiner Überraschung. »Es ist keiner zu spüren.«
»Ich wusste nicht, dass du dämonische Präsenz spüren kannst.«
»Ich bin eine Zamis, nicht wahr? Wie du vorhin treffend festgestellt hast. Unser gemeinsamer Vater hat mir das eine oder andere weitervererbt.«
Ich hatte Juna mal wieder unterschätzt. Ich ermahnte mich, diesen Fehler nicht nochmals zu begehen. Sie wirkte so harmlos und unschuldig, aber sie trug alle Anlagen zu weit mehr in sich.
An einem Kreisverkehr nahm ich einer Eingebung folgend die erste Abzweigung. Sie führte in Richtung Geirangerfjord, einem der schönsten Fjorde des Landes. Aber das war nicht mein Ziel. Es war eine Kirche, die mich wie magisch anzog. Nicht nur mich: Ich bemerkte, dass auch Juna von dem Holzgebäude fasziniert war.
»Das ist eine geweihte Kirche – und dann doch wieder nicht«, sagte ich und hielt auf dem großen Parkplatz vor dem eindrucksvollen Gebäude an. Etwas zog mich zu dem Gebäude hin und bereitete mir gleichermaßen Kopfschmerzen. Es war, als erwarteten mich im Inneren Himmel und Hölle. »Siehst du die Drachenköpfe auf dem Dach? Sie verändern alles. Sie schwächen oder beseitigen den Einfluss des Glaubens.«
Juna nickte, ohne mich anzusehen. Wir stiegen aus dem Leihwagen und umrundeten auf gekiestem Weg eine Steinmauer. Ein hölzernes, mit reichhaltigen Schnitzereien versehenes Tor ließ uns in den Vorhof der Stabkirche.
Links von uns lagen geschmückte Gräber. Aus manchen von ihnen trat der sanfte Dunst toter Dämonen. Wie war es möglich, dass sie in geweihter Erde begraben worden waren?
»Velkommen!«, sagte eine hagere, blasse Frau und reichte uns vor dem Kirchportal ein Prospekt. Als sie bemerkte, dass wir zögerten, sprach sie übergangslos auf Deutsch weiter. »Willkommen in einer der schönsten Städte Norwegens.«
»Danke.« Ich schob mich an ihr vorbei und kaufte zwei Tickets für den Eintritt.
»Ihr kommt aus Österreich, nicht wahr?« Die blasse Blondine war uns gefolgt und betrachtete uns abschätzend.
»Ja.«
»Es wird euch hier gefallen. Lom ähnelt in gewissem Sinne den alpinen Fremdenverkehrsstädtchen.«
»Woher kommt es, dass du so gut deutsch sprichst?«, fragte Juna neugierig.
»Lom lebt nun mal vom Tourismus. – Darf ich euch eine Tour zum Jostedalsbreen anbieten? Morgen wären einige Plätze im Bus frei, und das Wetter verspricht gut zu werden.«
»Nein, danke«, sagte ich abweisend. »Meine Schwester und ich haben in der Stadt zu tun und keine Zeit für Sightseeing.«
»Wie ungewöhnlich. Habt ihr etwa Verwandte hier? Ich könnte euch behilflich sein. Es gibt nicht viele Leute von außerhalb, die in Lom Fuß gefasst haben …«
»Können wir diese Spielereien bitte lassen? Sag mir, wer und was du bist.«
»Ich verstehe nicht …«
»Oh doch, du verstehst mich sehr gut. Ich rieche deinen ranzigen Dämonenduft Kilometer gegen den Wind. Außerdem habe ich ein anderes Mitglied deiner Sippe bereits in Otta bemerkt. Er hat dich vorgewarnt, dass wir auf dem Weg nach Lom sind, nicht wahr?«
Die Frau gab ein winselndes Geräusch von sich, das gleichermaßen bedrohlich klang. Sie packte mich grob am Arm und schob mich ein Stück beiseite, sodass wir den nachdrängenden Horden an Touristen nicht weiter im Weg waren.
»Du hast recht«, flüsterte sie. »Wir wurden informiert.«
»Wer ist wir?«
»Die Mitglieder unserer Sippe, der Svenssons.« Sie kratzte sich hinter einem spitz zulaufenden Ohr. Bislang hatte sie ihre Herkunft hinter den langen Haaren verborgen. Nun aber gab sie ihre Deckung auf. Als Zeichen großen Selbstbewusstseins.
»Eine schwedische Sippe von Werwölfen, die sich im norwegischen Lom herumtreibt. Wie interessant.«
»Die Stadt gehört seit Jahren meinem Vater Arvid Svensson.« Mein Gegenüber verschränkte die Arme vor der Brust. Leise knirschend und gut sichtbar wuchsen Krallen aus den Fingern. »Unsere Sippe mag es ganz und gar nicht, dass Fremde in unser Revier vordringen. Was wollt ihr beide hier und wer seid ihr?«
Ich blickte mich um. Ich entdeckte drei weitere unverkennbare Angehörige der Svensson-Sippe. Sie waren allesamt hager, fast ausgemergelt. Die blonden Haare trugen sie lang, ihre Schritte wirkten federnd und ausdauernd.
»Kein Grund zur Sorge«, sagte ich und bemühte ein unverfängliches Lächeln. »Ich bin Coco Zamis, dies ist meine Halbschwester Juna. Wir forschen nach einem weit entfernten Verwandten, der vor mehreren Jahrzehnten hier mal gelebt hat. Kennt ihr einen Boris Zamis?«
Juna neben mir zuckte leicht zusammen, die dumme Pute. Verstand sie denn nicht, dass ich von der Wahrheit ablenken musste?
»Ich habe von den Zamis gehört«, meinte mein Gegenüber. »Aber noch nie von einem Boris Zamis. Den gibt es nicht in Lom. Damit ist eure Aufgabe erledigt. Ihr könnt umkehren.«
»Ich sagte, dass er vor längerer Zeit mal hier war. Vermutlich unter einem anderen Namen. Ihr Svenssons seid noch nicht allzu lange in der Stadt, oder?«
»Seit fünfzehn Jahren beherrschen wir Lom und … ernten die Menschen.«
»Verstehe.« Ich musste also tiefer in der Vergangenheit forschen. »Keine Sorge, wir mischen uns nicht weiter in eure Angelegenheiten ein. Was in Lom vor sich geht, ist uns völlig einerlei. Es geht uns ausschließlich um diese alte Angelegenheit mit dem Stinksack namens Boris.«
»Was ist so dringend daran?«
»Es geht um Rache. Und um Jagd. Mehr brauchst du nicht wissen.«
Die Frau hob abrupt die Rechte. Die anderen drei ihres Rudels hielten inne und traten einige Schritte zurück.
»Eine Jagdgesellschaft. Ihr wollt mit Boris abrechnen. Ich verstehe.«
Ja, das tat sie wirklich. Werwölfe schlugen ihre Beute zwar am liebsten alleine, aber in den Tagen und Wochen zwischen den Vollmonden benahmen sie sich wie Rudeltiere. Keine andere Sippe nahm die Jagd so ernst. Es steckte ihnen im Blut, einen Gegner so lange zu verfolgen, bis sie ihn gestellt hatten.
»Was wollt ihr also weiter tun?«, fragte die Svensson-Frau. Ihre Krallen zogen sich ins Fleisch zurück.
»Vorerst mal die alten Unterlagen der Kirche sichten. Sie ist etwas Besonderes, nicht wahr? Sie ist nicht alleine den Menschen geweiht?«
»Richtig. Sie ist nahezu neunhundert Jahre alt. Damals gab es so etwas wie Verquickungen zwischen den Menschenviechern und den Trollen sowie Riesen. Abmachungen, die bis in die heutigen Tage gelten. Ihr werdet im Inneren ein gewisses Unwohlsein empfinden, aber auch etwas anderes«, meinte sie geheimnisvoll und nickte. »Seht euch um. Forscht nach eurem Onkel. Ihr habt drei Tage Zeit dafür. Sollten wir euch danach noch in Lom sehen, werden wir hinter euch her sein. Verstanden?«
»Verstanden.« Ich blickte in die tiefblauen Augen der Frau und erkannte etwas Dunkles, Bedrohliches. Diese Frau meinte, was sie sagte. »Wie ist dein Name?«
»Eldrid«, sagte sie, »Eldrid Svensson, Tochter des Arvid Svensson.«
Sie schob den Kopf ganz nah an meinen heran, drückte mich und schnüffelte an mir. Ich konnte ihre animalischen Ausdünstungen riechen, ihre wölfische Geilheit. »Erledigt euer Geschäft und verschwindet dann wieder.«
Sie zog sich zurück und gab uns den Weg frei.
Eldrid erlaubte uns, die Stabkirche von Lom zu betreten. Das war wohl das einzige Entgegenkommen, das wir von ihr erwarten konnten.
*
Eldrid hatte recht: Im Inneren der Kirche schwankte ich zwischen Übelkeit und einem angenehmen Prickeln im Hinterkopf. Hier hatten sich tatsächlich zwei Welten gefunden. Alte Glaubensrichtungen, noch ältere Götter sowie Wikinger, die ins Landesinnere vorgedrungen waren, hatten vor mehreren hundert Jahren eine Art Abkommen geschlossen: Einer tat dem anderen nicht weh. Menschen opferten den Göttern. Die wiederum erlaubten ihnen, die Gletscher und die sturmumtosten Berge zu bewandern und zu bejagen.
Ich klappte ein Buch zu, das eine Mitarbeiterin der Kirche für mich herbeigeschleppt hatte, entließ sie aus ihrer Hypnose und verließ mit Juna das Gebäude durch den Hintereingang. Es hatte mittlerweile leicht zu schneien begonnen, die Dämmerung setzte ein.
Meine Halbschwester wirkte reichlich nervös. Es war ihr anzumerken, dass sie unbedingt mit mir reden wollte. Im Inneren der Stabkirche hatte ich sie davon abhalten können. Jetzt aber, nachdem wir es uns im Mietauto bequem gemacht hatten, platzte es aus ihr heraus: »Was sollte dieses Schmierentheater, Coco?«
»Hab Geduld, bis wir aus der Stadt raus sind.« Ich nickte Eldrid zu, die sich nach wie vor in der Nähe des Kirchentors aufhielt. Sie reagierte nicht auf mich, obwohl ich mir sicher war, dass sie uns beim Verlassen des Gebäudes bemerkt hatte.
»Jetzt sag schon!«, meinte Juna, sobald wir die Ortstafel von Lom hinter uns gelassen hatten und in Richtung Otta zurückfuhren.
»Wir müssen froh sein, dass uns die Svenssons vorerst in Ruhe lassen. Das kleine Märchen, dass wir nach Onkel Boris forschen, war notwendig.«
»Warum hast du sie nicht einfach nach den Nygårds gefragt, Coco? Eldrid hätte sicherlich mehr über unsere Verwandten gewusst.«
»Bist du wirklich so naiv oder tust du nur so?« Ich schüttelte den Kopf. »Wenn die Svenssons die Stadt Lom beherrschen, bedeutet das, dass sie die Nygårds vertrieben oder gar ausgerottet haben. Unsere Lage wäre nicht besser geworden, hätte Eldrid von unserer verwandtschaftlichen Beziehung zu den Nygårds erfahren. So aber haben wir einige Tage gewonnen.«
»Ich verstehe«, sagte Juna mit kläglicher Stimme. »Ich glaube, ich werde die Streitigkeiten und Intrigen zwischen den Dämonensippen nie so recht verstehen.«
»Weil du nicht in dieses Durcheinander hineingeboren wurdest. Für mich gab es schon seit meiner Jugend nichts anderes als einen Filz an Beziehungen, Abneigungen, geheucheltem Interesse und Pakten. Alles ist stets in Bewegung, keine Konstellation zwischen den Sippen bleibt lange bestehen. Mal ist man erbitterter Feind, am nächsten Tag schmiedet man ein Zweckbündnis, am dritten Tag werden Ehen untereinander geschlossen.«
Ich fuhr über gewundene Straßen in die Dunkelheit hinein. Rechts von mir waren die Bäume bereits weiß angezuckert. Dahinter lagen Hochebenen mit gewaltigen Gletschern, von hier aus nicht sichtbar. Aber ich meinte etwas zu spüren, das von dort oben drohte. Etwas abgrundtief Kühles.
Ich wusste, dass es die nordischen Götter noch gab, in der einen oder anderen Form. Sie waren nicht wie wir, sie waren weitaus älter und … und bedeutender.
Ich hatte keine Ahnung, ob sie sich in die Angelegenheiten dämonischer Sippen einmischen würden oder ob sie unsere Probleme überhaupt wahrnahmen. Ich fürchtete mich davor, es herauszufinden.
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