Die Wanderwege der Dämonen

5. November 2021

Bei mir sind Beruf und Freizeit eng ineinander verwoben. Eigentlich lässt sich kaum ein Unterschied machen. Vor allem, da ich seit mehreren Monaten mit dem Motorrad kreuz und quer durch Europa fahre. Ich arbeite/schreibe an den Abenden, bin aber während der Fahrt auch nicht untätig. Die kleinen grauen Zellen arbeiten immer.

Unter anderem suche ich nach Schauplätzen, an denen einmal ein Dorian Hunter-Roman spielen könnte. Oder ich informiere mich lokal über Märchen, Sagen und Legenden. Oder über historisch belegte Ereignisse, die ich in Erzählungen rings um den Dämonenkiller einfügen könnte.

In der Bretagne war es ein Kloster, dessen Überreste unmittelbar neben einem Leuchtturm an einem Kap im westlichsten Teil stehen. Das Département heißt Finistère, abgeleitet vom römischen „finis terrae“, der Bezeichnung für das Ende der Welt. Denn ab dort gibt’s wirklich nur noch Ozean (abgesehen von wenigen, kaum bewohnten Inseln). Natürlich existieren Geschichten. Zum Beispiel die von einer Frau, die durch die Ruinen des Klosters wandert und nach ihrem Mann, einem Seemann, sucht. Die Dichte an versunkenen Schiffen ist kaum an einem Ort größer als rund um dieses Kap.
Dementsprechend wurde auch ein Denkmal für all die „verlorenen Seelen“ errichtet. Eine steinerne Frau blickt sehnsuchtsvoll von ihrer Säule hinaus auf den Ozean, stellvertretend für all jene, die einen Mann an die See verloren haben.

Finistèrre hat ein Gegenstück in Spanien, am fast westlichsten Punkt von Festland-Europa. Pilger, die den Jabobsweg beschreiten, beschließen ihre Reise in Santiago de Compostela. Manche aber nehmen nochmals etwa 70 Kilometer auf sich, um endlich am „Cabo Fisterra“ zu stehen und das Ende ihrer Pilgerfahrt zu feiern.
Interessanterweise gibt es auch einen Pilgerweg vom französischen zum spanischen „Ende der Welt“. Ich schätze, dass die Distanz etwa 1.400 Kilometer beträgt. Und hier bin ich letztlich beim Kern dieses Textes angelangt: Ganze Landstriche sind durch das Netz der Wanderwege geprägt. Oftmals sind die Gegenden menschenleer. Starker Wind bläst vom Ozean kommend darüber hinweg. Die Wanderer müssen sich gegen Sturmböen stemmen, um die nächste Unterkunft zu erreichen. In den kleinen Dörfern bewegt sich kaum etwas, niemand bewegt sich auf den Straßen. Nur in den Lokalen herrscht Betrieb, ab und zu tuckert ein Traktor durch die kleinen, oftmals gepflasterten Straßen … Im Schatten eines der steinernen Häuser bewegt sich jemand. Oder etwas … Ein dämonischer Wanderer etwa?

Seht ihr, was ich meine? Die Realität lässt sich kaum von den Geschichten trennen. Der Mythos vom Jakobsweg will erzählt und im Rahmen der Dorian Hunter-Buchserie neu interpretiert werden. Es geht einfach nicht anders.