Im Juni erscheinen zeitgleich DORIAN HUNTER 92 (Taklamatan) und DAS HAUS ZAMIS 54 (Beelzebub), zu denen Simon Borner jeweils einen Teilroman beigesteuert hat. Anlass genug, dem Autor mal auf den Zahn zu fühlen!

Simon, was war dein erster Roman für eine der beiden Serien, und wie kam es dazu?

Mein erster Roman im „Hunterversum“ war DORIAN HUNTER 70 „Nacht ohne Morgen“ und erschien bereits 2012. Ich kenne und schätze Susanne Wilhelm schon lange und habe mit ihr gemeinsam viele Sachbücher geschrieben, Lesereisen und sogar Schreibkurse gestemmt. Als sie die Serienleitung bei DH übernahm, lud sie mich ein, ebenfalls mal einen Roman zur Serie beizusteuern. Sie kannte ja meine Schreibe und fand, dass das passen könnte. Das Ergebnis muss ihr gefallen haben, denn ich darf bis heute bei DORIAN HUNTER mitwirken. Das freut mich natürlich sehr und darf gern noch lange so weitergehen.

Mein Einstieg bei DAS HAUS ZAMIS fand mit Band 49 „Der Alchemist“ statt, und auch hier sind weitere Abenteuer fest eingeplant.

Mittlerweile haben sich beide Serien völlig eigenständig entwickelt. Vielleicht kannst du dazu was erzählen …

So unterschiedlich fand ich die beiden Romane gar nicht. Mich interessieren bei Romanprojekten stets die Charaktere und ihre individuellen Probleme, und da erkannte ich bei der Arbeit an „Taklamakan“ und an „Beelzebub“ überraschende (und rein zufällige) Parallelen. Hier wie da geht es um Personen, denen der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Dorian Hunter – in seinem früheren Leben als Hugo Bassarak – erlebt einen Horrortag wieder und wieder von vorn. Und Georg Zamis muss sich mit dem vermeintlichen Zerfall seiner Familie und ihres Status in Wien abfinden. Diese Herausforderungen packend zu schildern und dem Leser gleichzeitig die Figuren auf glaubhafte Weise „erfühlbar“ zu machen, war eine Aufgabe, die mich als Autor extrem fasziniert hat. Ich hatte Spaß dabei, sie zu meistern – und ich hoffe, es ist mir gelungen.

Unfaire Frage, ich weiß, aber: In welchem Universum bist du lieber zu Hause: DAS HAUS ZAMIS oder DORIAN HUNTER?

Ich mag alle meine Romane, von daher ist das eigentlich kaum zu beantworten … Diese beiden Serien unterscheiden sich rein äußerlich durchaus, nicht zuletzt aufgrund der Protagonisten und jeweiligen Abenteuer. Bei DORIAN HUNTER herrscht eine andere Atmosphäre als bei DAS HAUS ZAMIS, und beide haben ihren Reiz. Ich schreibe und lese die Reihen ausgesprochen gern. (Klingt jetzt vielleicht nach Werbung, ist aber wahr.)

Aber die Serien sind sehr flexibel angelegt, trotz aller Unterschiede. In beiden „Universen“ kann ich sehr unterschiedliche Geschichten erzählen – mal ein temporeiches Actionabenteuer, mal eine charakterbasierte Gruselmär, beispielsweise. Das ist hüben wie drüben problemlos möglich und würde nirgends wie ein Fremdkörper wirken. Ich mag das. Es hält die Serien jung und bietet immer wieder Raum für Überraschungen.

Beides sind Horror-Serien. Und in beiden spielt auch der Gewalt-Aspekt eine Rolle, wobei dieser in verschiedenen Phasen beider Serien durchaus unterschiedlich stark zum Tragen kam. Dazu habe ich eine interessante These von Christoph Ernst, einem Krimiautor, gelesen, der da schreibt: „Natürlich kann ein Mensch nicht nur über Gewalt schreiben, viel öfter muss er oder sie es auch. Um Widerfahrenes zu verarbeiten. Weil alles andere Lüge wäre.“ Da wären wir beim alten Vorurteil: Wer so was schreibt, muss selbst verrückt sein …

Eine gewagte These, wie ich finde. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich private Traumata verarbeite, wenn ich Dorian Hunter gegen eine Zombiearmee in die Schlacht schicke oder mit Coco Zamis um das Schicksal der Schwarzen Familie kämpfe. Ich war auch, das mag jetzt manche Literaturkritiker überraschen, noch nie selbst ein Zombie. Und trotzdem schreibe ich Geschichten über welche. Oder über Raumfahrer. Oder über feuerspuckende Fantasydrachen.

Klar: Es hilft dem Autor, wenn er weiß, wovon er spricht. Aber dafür muss ich das alles noch lange nicht am eigenen Leib erlebt haben. Ein Autor ist ein Stück weit auch Schauspieler, oder? Wir denken uns in Figuren hinein und überlegen, wie diese handeln, reden, denken würden. Wir finden Aspekte an ihnen, die wir nachvollziehen können. Darauf fußt dann unser Umgang mit ihnen. Ja, ich schreibe (unter anderem) Horrorromane. Etwa, weil ich nachts nicht schlafen kann? Quatsch. Weil es mir Spaß macht!

Du schreibst ja auch noch für eine andere Horrorserie, PROFESSOR ZAMORRA …

Beim ZAMORRA bin ich jetzt tatsächlich schon stolze zehn Jahre Teil des Autorenteams, was mich echt freut. Mein erster Zamorra – der zeitgleich auch mein allererster Heftroman war – erschien im April 2008. Seitdem durfte ich mehr als fünfzig Abenteuer für den Meister des Übersinnlichen verfassen. Ich stemmte Heftromane, Hardcover, Taschenbücher und – anlässlich des 40. Seriengeburtstags – sogar ein gefeiertes Theaterstück, das in Mainz uraufgeführt wurde und in dem ich auf ausdrücklichen Wunsch des Ensembles eine kleine Rolle übernehmen durfte. Aktuell sitze ich übrigens schon wieder an einem ZAMORRA. Er trägt den Arbeitstitel „Der Fluch von Leipzig“ und verspricht, spannend zu werden.

Was schreibst du sonst noch so?

Ich habe das große Glück, in verschiedensten Genres unterwegs sein zu dürfen. So schreibe ich beispielsweise seit Jahren spannende Kinderbücher. Meine und Bernd Perplies‘ SF-Romane über DIE WÄCHTER VON AQUATERRA, die in Stuttgart bei Thienemann-Esslinger erscheinen, wurden gerade als Lizenz in die Türkei verkauft, wo bald Übersetzungen erscheinen werden – um nur mal ein Beispiel zu nennen. Unsere gemeinsame Fantasy-Serie DRACHENGASSE 13 (Schneiderbuch) empfiehlt sogar die Stiftung Lesen, was mich sehr begeistert.

Was noch? In Hollywoods Auftrag schrieb ich kürzlich drei STAR TREK-Romane, die inzwischen auch in den USA erscheinen, und aktuell Comics für Dreamwork’s DRAGONS. Ich steuerte bislang zwei Taschenbücher zu PERRY RHODAN NEO bei, habe einen lustigen Leidensbericht für Goldmann verfasst (DER ALTE MANN UND DAS NETZ). Ich schreibe fürs Fernsehen ebenso wie für Tageszeitungen und Magazine. Und ich übersetze Sachbücher und Romane, darunter inzwischen schon über 30 STAR TREK-Bücher. Für mein und Andrea Bottlingers lustiges Sachbuch GEEK PRAY LOVE erhielten wir anlässlich der Frankfurter Buchmesse sogar den Deutschen Phantastikpreis. Kurz gesagt: Ich bin gern beschäftigt. Und ich mag es, unterschiedlichste Projekte anzugehen.

Wer mehr über meine Arbeit außerhalb von DHZ und DH erfahren will, kann gern mal auf meiner Website vorbeischauen: www.christian-humberg.de. Dort stehen auch immer die aktuellen Lesungs- und Auftrittstermine.

Wie ist so dein normaler Tagesablauf als Autor?

Wenn ich nicht gerade auf Lesereise bin und auf Messen, Conventions, in Schulen und Büchereien mit meinen Lesungsprogrammen auftrete, sieht mein Arbeitstag erschreckend normal aus, fürchte ich. Morgens um acht setze ich mich an den Rechner, und dann wird so lange geschrieben, bis das Tagwerk vollbracht ist. Ich schreibe und übersetze hauptberuflich, deshalb gehört mein Arbeitstag voll und ganz meinen Projekten.

Und was machst du, wenn du mal nicht schreibst?

In meiner Freizeit? Ich gehe sehr gerne spazieren, da kommen mir einfach die besten Ideen. Ich lese wahnsinnig viel. Ich liebe gut gemachte Fernsehserien und unterhaltsame Podcasts.

Lieber Simon, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch – und viel Erfolg weiterhin!

Keep The Horror burning!
Uwe