Erinnerungen an „Schirille”

3. Februar 2023

Es ist schon wieder einige Monate her, dass Michael M. Thurner mich auf der Rückkehr von seiner Europareise besucht hat. Den Bericht dazu findet ihr hier im Blog im Oktober letzten Jahres. Kürzlich ist nun auch endlich Michaels DAS HAUS ZAMIS-Einstieg bei Bastei nachgedruckt worden: Band 58, „Schirille“ – ein toller Roman, dem seither viele Dutzend weitere gefolgt sind. Ich habe darum die Gelegenheit genutzt und Michael ein paar Erinnerungen zu „Schirille“ entlockt:

DAS HAUS ZAMIS 58, „Schirille“

Hallo Michael. Bevor wir über deinen Erstling sprechen, zunächst einmal die Frage: Wie bist du seinerzeit eigentlich zu DHZ gelangt?

Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht mehr so recht an die genauen Umstände erinnern. Zu dieser Zeit hatte ich allerdings regelmäßigen Kontakt zu Ernst Vlcek. Er hat mir „seine“ Serie immer wieder schmackhaft gemacht und bei gemeinsamen Abenden beim Heurigen davon erzählt. Er war spürbar stolz auf die junge Hexe Coco, die er gemeinsam mit Kurt Luif erfunden hatte.

Ich glaube, es war letztlich Christian Montillon, der bei mir angefragt hatte, ob ich es nicht mal mit DHZ versuchen wolle. Nach meiner kurzen Rückfrage bei Ernst, ob ich’s wirklich tun sollte, ist schließlich mein erster Text zur Serie erschienen. Ein „Zuckerl“, mit dem Ernst mir DHZ schmackhaft gemacht hat, war auf jeden Fall die Zusicherung, dass ich die Sau rauslassen dürfe. Ich könne über Dinge schreiben, die bei anderen Heftromanserien zensiert würden. Da konnte ich dann ja gar nicht mehr nein sagen.

Du hast gleich in deinem ersten Roman eine schillernde Figur eingeführt. Schirille ist eine schrille, ewig schlecht gelaunte, egoistische, meckernde Habergeiß, die Coco schwer auf die Nerven fällt. Hat sie darum ihren sonderbaren Namen erhalten?

Schirille war keine leichte Geburt. Ich wollte eine Figur in die Serie einführen, die es in dieser Form noch nicht gegeben hatte. Ich habe dazumals einige Bücher über Mythologien und Sagenwelten gewälzt. Die Wikipedia, daran erinnere ich mich noch gut, war zu dieser Zeit noch nicht so lückenlos wie heute. Es brauchte „händische“ Recherche, um mehr über Habergeißen zu erfahren.

Ich tu mir beim Erfinden von Namen nur selten schwer. Ich probiere ein wenig mit Silben und Wortteilen herum, und irgendwann einmal bin ich damit zufrieden. Der Zusammenhang „Schirille“ – „schrill“ war sehr rasch da, und wie es oft so ist, hat sich die Figur quasi selbst entwickelt. Sie wollte mieselsüchtig und bösartig sein, also habe ich ihr diesen Wunsch erfüllt.

Michael M. Thurner (links) und ich beim Spaziergang im historischen Dorfkern von Marmstorf im Süden von Hamburg.

Ein Hinweis für die Leser: Später in der Serie werdet ihr immer wieder mal auf die Figur „Vindobene“ stoßen. Schirille war vom Charakter her ein wenig der Prototyp für die urwienerische Dämonenfigur Vindobene.

Nach „Schirille“ hast du eine längere Pause eingelegt. Weshalb dauerte es im Anschluss über ein Jahr, bis du deinen zweiten Roman „Der teuflische Derwisch“ geschrieben hast?

Wenn ich mich recht erinnere, gab es damals ein Überangebot an guten Autoren, die für DHZ geschrieben haben. Solche, die schon länger mit dabei waren. Ich musste mich also anstellen und gedulden, bis wieder mal ein Platz frei war für mich.

Wenn du deinen Erstling mit deinen aktuellen DHZ-Romanen vergleichst: Welche Entwicklung hat Coco in dieser Zeit genommen?

Ich komme derzeit ja recht häufig bei der Buchserie von Zaubermond zum Zug und sehe, welche Entwicklungen Coco selbst, aber auch alle anderen Figuren, die rings um sie gruppiert sind, durchmachen. Die Leser dürfen sich in den nächsten Monaten und Jahren auf eine Hexe freuen, die sich immer weiter emanzipiert, die mehr über sich selbst herausfindet, die Familiengeheimnisse erforscht. Coco ist in den aktuellen Romanen der Buchserie ein wenig abgeklärter. Und dennoch bleibt sie für mich immer noch die junge Hexe, die gegen die dämonischen Wirrnisse ihrer Welt ankämpfen und sich behaupten muss. Sie ist für mich so etwas wie ein Archetypus der Genre-Literatur. Und selbstverständlich freue ich mich darauf, sie und ihr Umfeld weiter zu entwickeln, ihre Abenteuer weiter erzählen zu dürfen. Und wer weiß – vielleicht trifft sie ja mal wieder auf eine Schirille?