„Pforte zur Hölle“ lautet der Titel des aktuellen DAS HAUS ZAMIS-Buches. Und darin geht es alles andere als himmlisch zu. Normalerweise sind Schränke ja dazu da, um etwas hineinzustopfen. Aber in diesem Falle kommt etwas aus ihnen heraus … Außerdem treffen wir auf einen alten Bekannten aus DORIAN HUNTER-Tagen. Norbert Helnwein. Aber lest selbst!

»Ja, bitte?«

»Ich bin’s, Herr Helnwein! Machen Sie auf.«

Die Callas sah sich immer wieder nach allen Seiten um und verblieb dabei stets im Schatten des breiten Eingangstors. Sie war in Gefahr. Warum war Helnwein bloß so langsam?

Sie hörte das leise Schlurfen von Sandalen über gewachstem Boden. Gleich darauf schob sich das Messingplättchen des Sichtfensters beiseite. Ein kleiner, misstrauisch dreinschauender Mann musterte sie. »Sie sind es! Fräulein Juliane.«

»So habe ich vielleicht in meinen Jugendjahren geheißen, Herr Helnwein. Heute bin ich die Callas.«

»Selbstverständlich, selbstverständlich.«

Die Klappe schloss sich, leises Rumoren war zu hören. Dann öffnete sich die Tür zum Haus des Antiquitätenhändlers. Die Callas schlüpfte ins Innere und atmete erleichtert durch.

»Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte Norbert Helnwein und küsste ihr galant die Hand.

»Ich habe derzeit Probleme mit einer gewissen jungen Dame aus einer gewissen Familie, die unweit von hier ihren Stammsitz hat. Ich möchte unter keinen Umständen von ihr entdeckt werden.«

»Meinen Sie etwa das so entzückende Fräulein Zamis? Ich dachte, Sie beide wären Freundinnen?«

»Die Freundschaft ist leider ein wenig abgekühlt. Aber deswegen bin ich nicht hier, Herr Helnwein.«

»Das dachte ich mir. Kommen Sie weiter. Ich beschäftige mich gerade mit einer javanesischen Totenmaske. Ich bin mir sicher, dass sie sich für altes asiatisches Kunsthandwerk interessieren?«

»Natürlich«, sagte die Callas und nahm die Einladung zu einer Tasse Tee an, obwohl sie viel lieber einen starken Kaffee gehabt hätte.

Der Antiquitätenhändler fuhrwerkte eine Weile in seiner Küche umher. Die Callas nutzte die Gelegenheit, um sich in seinem Arbeitsraum umzusehen. Sie entdeckte viele neue Objekte, die sie unter anderen, besseren Umständen rasend interessiert hätten. Doch nicht jetzt, nicht heute.

»Was haben Sie auf dem Herzen, Fräulein Jul… Frau Callas?«

Helnwein stellte den Tee vor ihr ab. Die Porzellankanne zeigte das Motiv eines Marderhundes mit einem einzelnen Hoden, der das Tier in seiner Größe bei Weitem übertraf.

»Ein Tanuke«, sagte Helnwein zur Erklärung.

»Ich weiß. Ich musste mich in den letzten beiden Tagen ausführlich mit japanischen Dämonen auseinandersetzen.«

»Ich vermute, dass diese Auseinandersetzungen Teil ihres Problems sind?«

»Kann man wohl sagen.« Die Callas nahm einen Schluck vom Tee. Er schmeckte überraschend gut und hatte eine beruhigende Wirkung auf sie.

Sie begann zu erzählen. Von den Schweinereien, die in ihrem Studio vor sich gingen, vom Zwist mit Coco Zamis – und vor allem vom Schrank, der Ausgangspunkt allen Übels war.

»Ich wollte ihn verschließen und abdichten«, endete sie. »Aber es will mir nicht und nicht gelingen.«

»Wehrt sich der Schrank denn dagegen?« Helnwein blinzelte sie kurzsichtig an und nahm ebenfalls einen Schluck vom Tee.

»Er stellt ein Tor dar, das beidseitig begehbar ist. Drei Wesen sind von unserer Seite kommend darin verschwunden. Ich möchte ihnen nicht die Chance nehmen, den Weg zurückzufinden.«

»Liegt Ihnen denn so viel an den drei Geschöpfen?«

Die Callas dachte nach. Sie konnte es selbst nicht sagen. »Es handelt sich um eine höchst verzwickte Liebesgeschichte. Sie wissen, dass ich eine alte Romantikerin bin.«

»Oh ja. Ich erinnere mich.« Helnwein lehnte sich zurück, lächelte selig und versank in Erinnerungen.

Die Callas fühlte sich unbehaglich. Sie hatte gehofft, dass der Antiquitätenhändler ihr Techtelmechtel längst vergessen hatte. Doch sein Gedächtnis schien ausgezeichnet zu funktionieren.

»Denkst du ab und zu an früher?«, fragte Helnwein und begann die Callas zu ihrer Überraschung zu duzen.

»Nein«, antwortete sie hart. »Ich konzentriere mich auf die Gegenwart und das, was auf uns zukommt. Die Vergangenheit ist für mich abgehakt.«

»Du lügst, Juliane. Andere Menschen mögen dich nicht zu durchschauen. Ich tu’s.«

»Also schön, Norbert: Es war eine schöne Zeit. Ich habe sie sehr genossen. Aber du weißt, dass das mit uns beiden nicht geklappt hat. Wir waren zu verschieden.«

»Wir sind reifer geworden. Wir haben unsere Leben gelebt. Wir könnten uns verabreden und sehen, wie wir uns heute miteinander fühlen.«

»Vergiss es, Norbert! Das ist ausgeschlossen. Ich bleibe bei dem, was ich habe. Ich brauche keinen alten, selbstverliebten Tattergreis, der mit und für seine Antiquitäten lebt. Du hast mich immer nur als Trophäe betrachtet. Als Prunkstück deiner Sammlung.«

»Du tust mir unrecht, und du weißt das.«

»Ich sehe ein, dass es ein Fehler war, dich um Rat zu bitten.« Die Callas stützte sich aus ihrem Stuhl hoch. »Danke für den Tee und fürs Zuhören.«

»Nicht so schnell, Frau Callas.« Er hielt sie sachte am Handgelenk fest und seufzte. »Ich helfe selbstverständlich, so gut ich kann. Wenn Sie ein paar Minuten warten, lese ich mich in einige Dokumente und Bücher ein. Ich bin mir sicher, dass ich etwas über diesen dämonischen Schrank herausfinde.«

»Danke, Herr Helnwein«, sagte die Callas steif und ließ sich erneut in dem bequemen Möbel nieder, während der Antiquitätenhändler davonschlurfte.

Ihre Lider wurden schwer. War es der Tee, der sie müde gemacht hatte? War es die Last, die auf einmal zur Gänze von ihr abfiel? War es die Nähe zum einzigen Mann, den sie jemals geliebt hatte …?

Sie schreckte hoch, als sie eine sachte Berührung fühlte. Sie starrte in Norbert Helnweins besorgt wirkendes Gesicht.

»Du … Sie müssen völlig übermüdet sein. Ich würde Ihnen empfehlen, mal für einige Tage kürzer zu treten.«

»Danke für den Ratschlag«, sagte die Callas. »Haben Sie etwas über den Schrank herausgefunden?«

»Zu meiner Enttäuschung nur sehr wenig. In diversen dämonischen Enzyklopädien wird von einem Tor zu anderen Welten gesprochen. Dieses Tor wird nicht näher beschrieben. Es scheint unterschiedliche Gestalten annehmen zu können.«

»Steht geschrieben, wie man es verschließen kann?«

»Leider nein. Es scheint sich um eine der Ewigen Ideen zu handeln. Um etwas, das seit Anbeginn der Zeit existiert, weil es in den Gedanken vieler Geschöpfe besteht. Verstehen Sie?«

»Man könnte den Schrank also nur zerstören, indem man ihn aus den Köpfen aller Wesen dieses Universums bannt?«

»So sieht es wohl aus.«

»Würden Sie ihn denn haben wollen, Herr Helnwein?«

Der Antiquitätenhändler sah sie an, lange und prüfend. »Nein«, sagte er schließlich. »Ich fürchte, ich könnte ein derartiges Objekt nicht bändigen. Ich sammle die absurdesten dämonischen Kunststücke und schütze mich davor, so gut es geht. Die Ewigen Ideen allerdings sind etwas Unvergängliches. Etwas, das immer locken und verändern und zerstören wird. Wie sollte ich mich als normaler Mensch dagegen wappnen?«

Die Antwort darauf erfahrt ihr in dem brandneuen DAS HAUS ZAMIS-Abenteuer „Pforte zur Hölle“, das ihr hier bestellen könnt!

Keep the Horror burning!
Uwe