DAS HAUS ZAMIS Buch 69: Leseprobe

von am 26. Februar 2025

Am kommenden Montag erscheint DAS HAUS ZAMIS Buch 69, in dem es Coco und ihre Schwester Juna nach Norwegen verschlägt, wo sie im Auftrag von Michael Zamis neue Verbündete gewinnen sollen. Allerdings ist Johan Nygård, das Oberhaupt einer mächtigen Hexersippe, nicht sehr angetan von dem Gedanken, einen Pakt mit den Zamis zu schließen. Nygard verlangt eine Gegenleistung – von Michael Zamis. Als Coco erfährt, welche Absprache ihr Vater und Johan Nygård getroffen haben, ist es bereits zu spät … Hier gibt’s eine umfassende Leseprobe des Bandes, den Michael M. Thurner un Madeleine Puljic für euch verfasst haben:

DAS HAUS ZAMIS Buch 69, »Wolfsmond«, von Michael M. Thurner und Madeleine Puljic

Der Flug nach Oslo war von Annehmlichkeiten geprägt. Es hatte nicht viel gebraucht, um zwei Plätze in der Business Class zu ergattern und einen Passagier mit entsprechender Ausbildung zu finden, der Juna und mir angenehme Massagen verpasste.

Kaum angekommen, organisierten wir einen Mietwagen und machten uns auf den Weg. Rasch ließen wir die Stadt hinter uns und fuhren über die stark befahrene E6 Richtung Norden.

»So habe ich mir Norwegen immer vorgestellt«, sagte Juna und seufzte. »Feucht, grün und viel Natur.«

»Wart’s mal ab, bis wir die großen Gletscher erreicht haben.«

»Warst du etwa schon mal hier?«

»Weiter oben im Norden«, antwortete ich knapp und erinnerte mich an ein Abenteuer, das gar nicht mal so lange her war und das mich fast bis ans Nordkap geführt hatte. Und zwar in die Kleinstadt Alea. Gemeinsam mit Guardian, den ich seit Wochen versuchte, aus meinen Erinnerungen zu verdrängen. Er hatte mir einige ungute Erfahrungen beschert.

Ich schwieg und ließ alle weiteren Versuche Junas, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, an mir abprallen. Ich wollte das Land in mich aufsaugen und mir einen Eindruck von dem verschaffen, was mich erwartete.

Je länger wir unterwegs waren, desto dünner wurde der Verkehr. Aus einem riesenhaften Holzbau, dem angeblich größten der Welt, empfing ich widerliche Gedanken. Im Wood Hotel nahe der Stadt Brumunddal waren Dämonen einquartiert, die sich keine Mühe gaben, ihre Anwesenheit zu verbergen. Sie fühlten mich genauso, wie ich sie spürte, zeigten aber keinerlei Interesse an mir.

Die Stadt Lillehammer huschte an uns vorüber. Was bislang eine großzügig ausgebaute Schnellstraße gewesen war, wurde zu einer gewundenen Landstraße. Langgezogene Seen wurden von eng gekerbten Tälern abgelöst. Regen prasselte auf unser Auto nieder, die Sonne lugte hervor, Sturmwind toste über uns hinweg und brachte ein wenig Schnee mit sich. Bald darauf strahlte die Sonne wieder auf uns herab. Binnen einer Stunde lernten wir die unterschiedlichsten Naturgewalten kennen.

»Es sind die nordischen Götter«, sagte ich.

»Wie bitte?« Juna schreckte hoch. Offenbar hatte sie geschlafen.

»Die nordischen Götter sitzen im Jotunheimen, sagt man«, fuhr ich fort. »Im höchsten Gebirge Norwegens. Sie sorgen für unruhiges Wetter, wenn sie unzufrieden sind. Man sagt, dass Riesen und Trolle im ewigen Eis des größten Gletschers Jostedalsbreen umherwandern und nach wie vor darauf warten, das Land wieder von den Menschen in Besitz zu nehmen.«

»Und wie viel davon stimmt?«

»Das hat mir Vater nicht beantworten können oder wollen. Er meinte, dass in jeder Geschichte ein wahrer Kern steckt. Ich solle nicht überrascht sein, wenn wir tatsächlich dem einen oder anderen Troll begegnen. Aber unsere Konzentration muss den Nygårds gelten.«

»Wie werden wir deine Verwandten aufspüren?«

»Sie spüren uns, wir spüren sie. Außerdem sind es auch deine Verwandten. Immerhin bist du meine Halbschwester.«

Sonderbar. Juna nahm auf dieser Reise eine Rolle ein, die ich vor ein paar Jahren gepachtet hatte. Ich war die Schülerin gewesen, die über die dämonischen Wunder der Welt aufgeklärt worden war. War es das, was das Älterwerden ausmachte?

Wir erreichten die kleine Stadt Otta, die bloß aus einer Brücke, einem überdimensionierten Einkaufspark und einer Tankstelle bestand. Gewiss kamen alle Bewohner der Umgebung hierher, um sich mit dem Nötigen zu versorgen. Erneut fühlte ich die Präsenz von Dämonen – und entdeckte sogar einen von ihnen nahe dem Supermarkt. Ein großer, hagerer Mann mit weißblonden Augen, der seinen Wanderstock wie mahnend in Richtung unseres Autos ausrichtete.

Wollte er mich warnen? Oder auf irgendeine seltsame Weise markieren?

Es interessierte mich nicht sonderlich. Ich war ein Gast der Nygårds. Vater hatte mir erzählt, dass sie in diesem Teil Norwegens respektiert und gefürchtet wurden. Fast so sehr wie die Götter, Riesen und Trolle im Jotunheimen.

Wir ließen Otta hinter uns und fuhren den Verlauf eines Flusses entlang. Ob die Menschen, die hier lebten, überhaupt zu schätzen wussten, wie schön ihr Land war?

Nun, zumindest in den Frühlings- und Sommermonaten. Denn ab Oktober liegt eine meterdicke Schneedecke über der Landschaft.

»Wir sind bald da«, sagte ich zu Juna. »Denk dran, dass du mir das Reden überlässt. Und fang ja nichts mit einem der Nygårds an. Man sagt, dass sie sich ausgezeichnet drauf verstehen, andere Wesen zu bezirzen.«

»Ich habe genug von der Liebe. Niemals mehr wieder werde ich mich für einen Mann interessieren.«

»Natürlich.« Ich seufzte in mich hinein und sagte laut: »Die Nygårds sind auch nicht an Liebe interessiert. Sie wollen das rasche Vergnügen. Sie entziehen Menschen und Dämonen Lebenskraft und ziehen Stärke daraus. Also nochmals: keine Leidenschaft. Kein Sex.«

Juna nickte und kniff instinktiv die Beine zusammen. Sie war so … menschlich. So völlig naiv und kaum erfahren in dämonischen Gepflogenheiten. Hätte sie nicht diese ganz besondere Begabung besessen, Wünsche in die Realität umsetzen zu können, wäre sie längst vernichtet worden.

Nun, ich war ihr diese Kraft nicht neidisch. Jeden einzelnen Wunsch, den sie äußerte, musste sie teuer bezahlen. Um das Leben meines Bruders Georg retten zu können, hatte sie in Kauf nehmen müssen, seine Liebe zu verlieren.

Entlang der Straße waren nun wieder mehr Häuser zu sehen. Oft massive Holzbauten, die in die Landschaft gestreut waren. Ein See, dessen Wasser von einem besonders kräftigen Blau war, zog sich zu unserer Rechten dahin, bis wir Lom erreichten.

Ich sah mich um und versuchte, irgendwelche Anzeichen dämonischer Präsenz zu erkennen, zu schmecken.

Nichts.

»Die Nygårds scheinen sich gut zu tarnen«, sagte Juna zu meiner Überraschung. »Es ist keiner zu spüren.«

»Ich wusste nicht, dass du dämonische Präsenz spüren kannst.«

»Ich bin eine Zamis, nicht wahr? Wie du vorhin treffend festgestellt hast. Unser gemeinsamer Vater hat mir das eine oder andere weitervererbt.«

Ich hatte Juna mal wieder unterschätzt. Ich ermahnte mich, diesen Fehler nicht nochmals zu begehen. Sie wirkte so harmlos und unschuldig, aber sie trug alle Anlagen zu weit mehr in sich.

An einem Kreisverkehr nahm ich einer Eingebung folgend die erste Abzweigung. Sie führte in Richtung Geirangerfjord, einem der schönsten Fjorde des Landes. Aber das war nicht mein Ziel. Es war eine Kirche, die mich wie magisch anzog. Nicht nur mich: Ich bemerkte, dass auch Juna von dem Holzgebäude fasziniert war.

»Das ist eine geweihte Kirche – und dann doch wieder nicht«, sagte ich und hielt auf dem großen Parkplatz vor dem eindrucksvollen Gebäude an. Etwas zog mich zu dem Gebäude hin und bereitete mir gleichermaßen Kopfschmerzen. Es war, als erwarteten mich im Inneren Himmel und Hölle. »Siehst du die Drachenköpfe auf dem Dach? Sie verändern alles. Sie schwächen oder beseitigen den Einfluss des Glaubens.«

Juna nickte, ohne mich anzusehen. Wir stiegen aus dem Leihwagen und umrundeten auf gekiestem Weg eine Steinmauer. Ein hölzernes, mit reichhaltigen Schnitzereien versehenes Tor ließ uns in den Vorhof der Stabkirche.

Links von uns lagen geschmückte Gräber. Aus manchen von ihnen trat der sanfte Dunst toter Dämonen. Wie war es möglich, dass sie in geweihter Erde begraben worden waren?

»Velkommen!«, sagte eine hagere, blasse Frau und reichte uns vor dem Kirchportal ein Prospekt. Als sie bemerkte, dass wir zögerten, sprach sie übergangslos auf Deutsch weiter. »Willkommen in einer der schönsten Städte Norwegens.«

»Danke.« Ich schob mich an ihr vorbei und kaufte zwei Tickets für den Eintritt.

»Ihr kommt aus Österreich, nicht wahr?« Die blasse Blondine war uns gefolgt und betrachtete uns abschätzend.

»Ja.«

»Es wird euch hier gefallen. Lom ähnelt in gewissem Sinne den alpinen Fremdenverkehrsstädtchen.«

»Woher kommt es, dass du so gut deutsch sprichst?«, fragte Juna neugierig.

»Lom lebt nun mal vom Tourismus. – Darf ich euch eine Tour zum Jostedalsbreen anbieten? Morgen wären einige Plätze im Bus frei, und das Wetter verspricht gut zu werden.«

»Nein, danke«, sagte ich abweisend. »Meine Schwester und ich haben in der Stadt zu tun und keine Zeit für Sightseeing.«

»Wie ungewöhnlich. Habt ihr etwa Verwandte hier? Ich könnte euch behilflich sein. Es gibt nicht viele Leute von außerhalb, die in Lom Fuß gefasst haben …«

»Können wir diese Spielereien bitte lassen? Sag mir, wer und was du bist.«

»Ich verstehe nicht …«

»Oh doch, du verstehst mich sehr gut. Ich rieche deinen ranzigen Dämonenduft Kilometer gegen den Wind. Außerdem habe ich ein anderes Mitglied deiner Sippe bereits in Otta bemerkt. Er hat dich vorgewarnt, dass wir auf dem Weg nach Lom sind, nicht wahr?«

Die Frau gab ein winselndes Geräusch von sich, das gleichermaßen bedrohlich klang. Sie packte mich grob am Arm und schob mich ein Stück beiseite, sodass wir den nachdrängenden Horden an Touristen nicht weiter im Weg waren.

»Du hast recht«, flüsterte sie. »Wir wurden informiert.«

»Wer ist wir

»Die Mitglieder unserer Sippe, der Svenssons.« Sie kratzte sich hinter einem spitz zulaufenden Ohr. Bislang hatte sie ihre Herkunft hinter den langen Haaren verborgen. Nun aber gab sie ihre Deckung auf. Als Zeichen großen Selbstbewusstseins.

»Eine schwedische Sippe von Werwölfen, die sich im norwegischen Lom herumtreibt. Wie interessant.«

»Die Stadt gehört seit Jahren meinem Vater Arvid Svensson.« Mein Gegenüber verschränkte die Arme vor der Brust. Leise knirschend und gut sichtbar wuchsen Krallen aus den Fingern. »Unsere Sippe mag es ganz und gar nicht, dass Fremde in unser Revier vordringen. Was wollt ihr beide hier und wer seid ihr?«

Ich blickte mich um. Ich entdeckte drei weitere unverkennbare Angehörige der Svensson-Sippe. Sie waren allesamt hager, fast ausgemergelt. Die blonden Haare trugen sie lang, ihre Schritte wirkten federnd und ausdauernd.

»Kein Grund zur Sorge«, sagte ich und bemühte ein unverfängliches Lächeln. »Ich bin Coco Zamis, dies ist meine Halbschwester Juna. Wir forschen nach einem weit entfernten Verwandten, der vor mehreren Jahrzehnten hier mal gelebt hat. Kennt ihr einen Boris Zamis?«

Juna neben mir zuckte leicht zusammen, die dumme Pute. Verstand sie denn nicht, dass ich von der Wahrheit ablenken musste?

»Ich habe von den Zamis gehört«, meinte mein Gegenüber. »Aber noch nie von einem Boris Zamis. Den gibt es nicht in Lom. Damit ist eure Aufgabe erledigt. Ihr könnt umkehren.«

»Ich sagte, dass er vor längerer Zeit mal hier war. Vermutlich unter einem anderen Namen. Ihr Svenssons seid noch nicht allzu lange in der Stadt, oder?«

»Seit fünfzehn Jahren beherrschen wir Lom und … ernten die Menschen.«

»Verstehe.« Ich musste also tiefer in der Vergangenheit forschen. »Keine Sorge, wir mischen uns nicht weiter in eure Angelegenheiten ein. Was in Lom vor sich geht, ist uns völlig einerlei. Es geht uns ausschließlich um diese alte Angelegenheit mit dem Stinksack namens Boris.«

»Was ist so dringend daran?«

»Es geht um Rache. Und um Jagd. Mehr brauchst du nicht wissen.«

Die Frau hob abrupt die Rechte. Die anderen drei ihres Rudels hielten inne und traten einige Schritte zurück.

»Eine Jagdgesellschaft. Ihr wollt mit Boris abrechnen. Ich verstehe.«

Ja, das tat sie wirklich. Werwölfe schlugen ihre Beute zwar am liebsten alleine, aber in den Tagen und Wochen zwischen den Vollmonden benahmen sie sich wie Rudeltiere. Keine andere Sippe nahm die Jagd so ernst. Es steckte ihnen im Blut, einen Gegner so lange zu verfolgen, bis sie ihn gestellt hatten.

»Was wollt ihr also weiter tun?«, fragte die Svensson-Frau. Ihre Krallen zogen sich ins Fleisch zurück.

»Vorerst mal die alten Unterlagen der Kirche sichten. Sie ist etwas Besonderes, nicht wahr? Sie ist nicht alleine den Menschen geweiht?«

»Richtig. Sie ist nahezu neunhundert Jahre alt. Damals gab es so etwas wie Verquickungen zwischen den Menschenviechern und den Trollen sowie Riesen. Abmachungen, die bis in die heutigen Tage gelten. Ihr werdet im Inneren ein gewisses Unwohlsein empfinden, aber auch etwas anderes«, meinte sie geheimnisvoll und nickte. »Seht euch um. Forscht nach eurem Onkel. Ihr habt drei Tage Zeit dafür. Sollten wir euch danach noch in Lom sehen, werden wir hinter euch her sein. Verstanden?«

»Verstanden.« Ich blickte in die tiefblauen Augen der Frau und erkannte etwas Dunkles, Bedrohliches. Diese Frau meinte, was sie sagte. »Wie ist dein Name?«

»Eldrid«, sagte sie, »Eldrid Svensson, Tochter des Arvid Svensson.«

Sie schob den Kopf ganz nah an meinen heran, drückte mich und schnüffelte an mir. Ich konnte ihre animalischen Ausdünstungen riechen, ihre wölfische Geilheit. »Erledigt euer Geschäft und verschwindet dann wieder.«

Sie zog sich zurück und gab uns den Weg frei.

Eldrid erlaubte uns, die Stabkirche von Lom zu betreten. Das war wohl das einzige Entgegenkommen, das wir von ihr erwarten konnten.

*

Eldrid hatte recht: Im Inneren der Kirche schwankte ich zwischen Übelkeit und einem angenehmen Prickeln im Hinterkopf. Hier hatten sich tatsächlich zwei Welten gefunden. Alte Glaubensrichtungen, noch ältere Götter sowie Wikinger, die ins Landesinnere vorgedrungen waren, hatten vor mehreren hundert Jahren eine Art Abkommen geschlossen: Einer tat dem anderen nicht weh. Menschen opferten den Göttern. Die wiederum erlaubten ihnen, die Gletscher und die sturmumtosten Berge zu bewandern und zu bejagen.

Ich klappte ein Buch zu, das eine Mitarbeiterin der Kirche für mich herbeigeschleppt hatte, entließ sie aus ihrer Hypnose und verließ mit Juna das Gebäude durch den Hintereingang. Es hatte mittlerweile leicht zu schneien begonnen, die Dämmerung setzte ein.

Meine Halbschwester wirkte reichlich nervös. Es war ihr anzumerken, dass sie unbedingt mit mir reden wollte. Im Inneren der Stabkirche hatte ich sie davon abhalten können. Jetzt aber, nachdem wir es uns im Mietauto bequem gemacht hatten, platzte es aus ihr heraus: »Was sollte dieses Schmierentheater, Coco?«

»Hab Geduld, bis wir aus der Stadt raus sind.« Ich nickte Eldrid zu, die sich nach wie vor in der Nähe des Kirchentors aufhielt. Sie reagierte nicht auf mich, obwohl ich mir sicher war, dass sie uns beim Verlassen des Gebäudes bemerkt hatte.

»Jetzt sag schon!«, meinte Juna, sobald wir die Ortstafel von Lom hinter uns gelassen hatten und in Richtung Otta zurückfuhren.

»Wir müssen froh sein, dass uns die Svenssons vorerst in Ruhe lassen. Das kleine Märchen, dass wir nach Onkel Boris forschen, war notwendig.«

»Warum hast du sie nicht einfach nach den Nygårds gefragt, Coco? Eldrid hätte sicherlich mehr über unsere Verwandten gewusst.«

»Bist du wirklich so naiv oder tust du nur so?« Ich schüttelte den Kopf. »Wenn die Svenssons die Stadt Lom beherrschen, bedeutet das, dass sie die Nygårds vertrieben oder gar ausgerottet haben. Unsere Lage wäre nicht besser geworden, hätte Eldrid von unserer verwandtschaftlichen Beziehung zu den Nygårds erfahren. So aber haben wir einige Tage gewonnen.«

»Ich verstehe«, sagte Juna mit kläglicher Stimme. »Ich glaube, ich werde die Streitigkeiten und Intrigen zwischen den Dämonensippen nie so recht verstehen.«

»Weil du nicht in dieses Durcheinander hineingeboren wurdest. Für mich gab es schon seit meiner Jugend nichts anderes als einen Filz an Beziehungen, Abneigungen, geheucheltem Interesse und Pakten. Alles ist stets in Bewegung, keine Konstellation zwischen den Sippen bleibt lange bestehen. Mal ist man erbitterter Feind, am nächsten Tag schmiedet man ein Zweckbündnis, am dritten Tag werden Ehen untereinander geschlossen.«

Ich fuhr über gewundene Straßen in die Dunkelheit hinein. Rechts von mir waren die Bäume bereits weiß angezuckert. Dahinter lagen Hochebenen mit gewaltigen Gletschern, von hier aus nicht sichtbar. Aber ich meinte etwas zu spüren, das von dort oben drohte. Etwas abgrundtief Kühles.

Ich wusste, dass es die nordischen Götter noch gab, in der einen oder anderen Form. Sie waren nicht wie wir, sie waren weitaus älter und … und bedeutender.

Ich hatte keine Ahnung, ob sie sich in die Angelegenheiten dämonischer Sippen einmischen würden oder ob sie unsere Probleme überhaupt wahrnahmen. Ich fürchtete mich davor, es herauszufinden.

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DAS HAUS ZAMIS Buch 69, »Wolfsmond«, ist ab sofort hier bei Zaubermond bestellbar.

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DORIAN HUNTER Buch 101: Leseprobe

von am 29. November 2024

Am kommenden Freitag, den 6. Dezember, ist es so weit – der Nikolaus steckt euch DORIAN HUNTER Buch 101 in den Stiefel (natürlich nicht zerknüllt!). Nach dem Jubiläumsbuch 100 geht es damit nun endlich regulär weiter. So beginnt Band 101 damit, dass wir eine paar lose Enden aufgreifen und Fragen beantworten, die sich der Leser bestimmt schon gestellt hat. Was hat es mit den überall auftauchenden Asmodi-Statuen auf sich? Was ist in der Zwischenzeit bei Cape Wrath passiert?

Dorian und seine Begleiter müssen sich in einer neuen Konstellation von Gegnern zurechtfinden. Sie kämpfen nun nicht nur gegen die Schwarze Familie, sondern auch gegen Limas Brut. Oder kann man die Anhänger Limas eventuell zu Verbündeten machen?

Was bedeuten die neuen Romane für mich persönlich, der ich nach einigen Jahren Pause als Exposéautor zur Serie zurückgekehrt bin? – Auf jeden Fall natürlich eine Herausforderung! Welche Handlungsstränge mussten noch abgeschlossen werden? Wie ist der aktuelle Stand bei dem oder dem Charakter? Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hunter-Lexikons hätte nicht besser gewählt werden können, denn so kommt es nicht nur den Lesern zugute, sondern auch dem Autorenteam. 🙂

Der Plan für die kommenden Bände ist nämlich sehr ambitioniert. Wir wollen Lima viel Raum geben, damit sie als neue Antagonistin so richtig glänzen kann. So umfassen der Horizont für den aktuellen Zyklus etwa acht bis zehn Bände. Die Exposés bis Buch 104 habe ich schon geschrieben, und die Veröffentlichung von Buch 102 ist für Sommer 2025 geplant. DORIAN HUNTER-Lesern wird es in den nächsten Jahren also nicht langweilig werden!

Zur Einstimmung gibt es hier nun eine Leseprobe aus Buch 101, „Cape Wrath“, das ich gemeinsam mit Catherine Parker verfasst habe:

DORIAN HUNTER Buch 101, „Cape Wrath“, von Andi Bottlinger und Catherine Parker (Erscheinungstermin: 6. Dezember 2024)

Penrhyndeudraeth

Der Wald umfing sie mit fahlgrüner Dämmerung. Baumschatten reihte sich an Baumschatten. Ringsum tropfte noch das Wasser des Wolkenbruchs von den Blättern, trotz der Kühle schien die Luft zu dampfen.

Außer dem stoßweisen Keuchen aus ihrer eigenen Kehle hatte Elsbeth McLain seit geraumer Zeit kein Geräusch vernommen. Allmählich hatte die junge Hexe genug von der Rennerei.

Wo hastete ihr Vater überhaupt hin? Verfolgte Mordencain bei seiner Flucht ein Ziel?

„Rede mit mir!“ Sie stolperte hinter ihm her. „Wovor laufen wir weg?“

Mordencain wandte sich um. Ohne Vorwarnung schlug er mit seinem Eibenstock nach ihr. Das knotige Holz verfehlte sie nur knapp. „Schweig, dummes Ding! Du hast doch gesehen, was passiert ist.“ Seine Augen glühten vor Zorn.

Oder war es gar kein Zorn, sondern … Angst?

Elsbeth konnte sich nicht erinnern, ihren Vater jemals so unbeherrscht erlebt zu haben – es sei denn Kyle und Conor, ihre Brüder, lieferten ihm einen Grund dazu. Mordencain war ein eher kaltblütiger Hexenmeister, er verschaffte sich auf andere Weise Respekt. Dass das Oberhaupt der McLains aus den schottischen Highlands die Kontrolle verlor, kam eigentlich nie vor. Heute schon.

„Lauf weiter!“, fuhr er sie an.

Elsbeth raffte den Rocksaum, sprang über knorrige Wurzeln und glitschige, moosbewachsene Steine. Zweige peitschten ihr ins Gesicht. Der uralte Wald auf den Hügeln bei Portmeirion war ein unwegsames Dickicht. Ganz anders als Rannoch Moor, wo sie aufgewachsen war und wo sie jeden Baum und jedes Sumpfloch kannte.

Mordencain stapfte in seinem Fuchsmantel vor ihr her. Ohne Rücksicht zu nehmen, fegte er herabhängende Äste mit den Armen beiseite. Ständig musste Elsbeth ausweichen oder den Kopf einziehen. Aber sie wagte nicht, sich ein weiteres Mal zu beschweren oder eine Frage zu stellen.

Du hast doch gesehen, was passiert ist.

Das stimmte. Gesehen hatte sie es. Dasselbe wie er.

Aber sie wusste nicht, was es bedeutete.

Schaudernd dachte Elsbeth an den dämonischen Wirbelsturm, der sich über der Mündung des Afon Dwyryd gebildet und Teile des Flussufers verwüstet hatte. Zum Glück waren sie und ihr Vater zu diesem Zeitpunkt schon weit genug von Portmeirion entfernt gewesen. Solange der Wald, durch den sie flohen, nicht einer ähnlichen Windhose zum Opfer fiel, die ihn in gehäckseltes Kleinholz verwandelte, sollten sie sicher sein. Ob das Dorf mit den pastellfarbenen Häusern noch existierte? Oder hatte der Sturm es hinweggefegt? Was war mit den Massen von besessenen Menschen und Dämonen geschehen, die durch die Straßen getaumelt waren?

Ja, Elsbeth hatte es gesehen, aber sie fand keine Erklärung dafür. Es verwirrte sie bloß.

Sie wurde einen Moment langsamer, um Luft zu holen.

„Weiter“, befahl Mordencain, ohne sich umzudrehen. Sein Mantel wehte ihm um die Knöchel. „Schneller!“

Elsbeth gehorchte. Ihre Stiefelsohlen schlitterten über den feuchten Waldboden – ihre Gedanken rasten mit.

Sie hatte ihren Vater zu den Kendricks begleitet. Mordencain hatte sich mit der Waliser Vampirsippe getroffen, um über die Lage in Großbritannien zu beraten. Enttäuscht hatte er feststellen müssen, dass die Kendricks sich bereits von Yama abgewendet hatten. Die Vampire haderten mit der Situation, zweifelten Yamas Macht an. Der chinesische Totengott konnte ihrer Meinung nach nichts gegen die Barriere ausrichten, welche die Dämonen Großbritanniens vom Rest der Welt abschnitt. Dass sie ihr Überleben Yamas Gunst verdankten, schienen die Kendricks vergessen zu haben. Elsbeths Vater hatte das Gespräch abgebrochen, als Vernon Kendrick ihn überreden wollte, sich Asmodi und der Schwarzen Familie anzuschließen. Das kam für ihn nicht in Frage.

Aber dieser Streit konnte nicht der einzige Grund für ihren überstürzten Aufbruch gewesen sein, das wusste Elsbeth. Was in Portmeirion vor sich gegangen war, schien Mordencain aufs Äußerste zu beunruhigen.

Die letzten Beobachtungen gaben ihm da mehr als recht.

„Uh!“ Elsbeth prallte gegen seinen Rücken. „Was …?“

Mordencain antwortete nicht. Sie erkannte, dass er vor einem uralten, krumm gewachsenen Baum stehen geblieben war.

Eine Eibe! Endlich ein vertrauter Anblick.

Elsbeth atmete auf. „Denkst du, wir könn…?“

„Schweig!“, zischte Mordencain. „Dein ständiges Geplapper macht noch jemanden auf uns aufmerksam.“

Elsbeth presste die Lippen zusammen. Heute war ihr Vater wirklich unausstehlich. Der magische Sturm musste ihn mehr als erschreckt haben.

Mordencain streckte die linke Hand aus und schob einen dürren, benadelten Zweig beiseite, um den Stamm der Eibe zu betasten. Dann nickte er zufrieden. Elsbeth sah, wie er die Finger spreizte und mit der Handfläche das Zeichen ihrer Familie unter die Rinde brannte.

So war es nur für Dämonen sichtbar.

Eilig kramte sie in ihrer Umhängetasche nach dem kleinen Lederbeutel, in dem sie die Eibennadeln aus ihrer Heimat aufbewahrte. Mithilfe der Eibenkräfte konnten sie nach Taigh Iubhair zurückkehren – ihrem Familiensitz, der nach der ebenfalls uralten Eibe benannt war, die direkt neben ihrem Haus wuchs.

Die McLains kannten seit jeher das Geheimnis der magischen Kraftlinien, die manche Orte miteinander verbanden. Bei der Eibe im Rannoch Moor kreuzten sich sogar mehrere solcher Linien. Dass Mordencain auf diese Weise reiste, kam trotzdem selten vor. Er bevorzugte die Caledonian Railway. Als Kyle einmal gescherzt hatte, sie hätten doch einen Caledonian Express vor der Haustür, hatte ihr Vater ihm eine Kopfnuss verpasst. Magie war kein Spiel, kein purer Lustgewinn für ihn, sondern eine ernstzunehmende Angelegenheit.

„Nein.“ Mordencain schüttelte den Kopf, als Elsbeth ihm den Beutel reichen wollte. „Das sind die falschen Nadeln. Wir können nicht nach Taigh Iubhair zurück. Noch nicht.“

„Aber …?“

„Wir müssen zuerst an einen anderen Ort.“ Er drehte ihr das Gesicht zu. In der fahlgrünen Dämmerung sahen seine Züge wie in Stein gemeißelt aus. Dennoch hatte sie wieder das Gefühl, dass er Angst empfand. Das Flackern in seinen Augen verriet ihn, noch bevor er sagte: „Wir brauchen Hilfe. Jemanden, der stark genug ist, uns zu beschützen.“

Elsbeth nickte. „Yama.“

„Nicht Yama!“ Mordencain spuckte aus. „Wir sind zu wenige in diesem Land, die ihm dienen. Auf Yamas Eingreifen können wir uns nicht verlassen.“

Das mochte zutreffen. Yama war ein fremder Gott auf diesem Boden, seine Anhängerschaft umfasste wenige hundert Dämonen und sie lebten quer über die ganze Insel verstreut.

„Wenn meine Ahnung mich nicht trügt, hatten wir es in Wales mit Limas Brut zu tun.“ Mordencain sprach so leise weiter, dass Elsbeth ihn kaum noch verstand. „… können wir im Kampf nichts ausrichten.“

Elsbeth starrte ihren Vater an.

Limas Brut? Wovon redete er?

Mordencains Stimme klang jetzt eindringlicher. „Wenn wir überleben wollen, müssen wir einen Weg beschreiten, den vor uns noch niemand gegangen ist …“

Hinweis: DORIAN HUNTER Buch 101, „Cape Wrath“, kann ab sofort hier im Zaubermond-Shop als E-Book und/oder gedrucktes Buch bestellt werden. Der Versand an alle Abonnenten und Vorbesteller ist bereits erfolgt.

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DORIAN HUNTER Kalender 2025 bis 31. Oktober vorbestellbar!

von am 7. Oktober 2024
DORIAN HUNTER Kalender 2025

Der DORIAN HUNTER-Kalender 2025 erscheint wie in den Vorjahren im Format A3 und zeigt 13 ausgewählte Mark-Freier-Titelillustrationen der Serien DORIAN HUNTER und DAS HAUS ZAMIS. Der Kalender ist umweltfreundlich mit Pflanzenfarben gedruckt und als klimaneutral zertifiziert. Achtung: Die Vorbestellung ist exklusiv hier im Zaubermond-Shop und nur bis zum 31. Oktober 2024 möglich. Nach dem 31. Oktober können keine Bestellungen mehr entgegengenommen werden!!

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Folge 51: XL-Hörprobe

von am 24. September 2024

Am kommenden Mittwoch, den 2. Oktober, erscheint die Doppelfolge 51.1, »Im Reich der Alraunen – Aufstieg«, und 51.2, »Im Reich der Alraunen – Hekates Garten«. Die Folge ist jetzt schon im Zaubermond-Shop vorbestellbar. – Hier gibt es eine XL-Hörprobe auf die Ohren:

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Youtube-Premiere der Live-Aufführung von »Das Kind der Hexe«

von am 13. September 2024

Im Rahmen der großen DORIAN HUNTER-Jubiläumsfeier am 1. Juni 2024 wurde Folge 50, »Das Kind der Hexe« unter Mitwirkung aller Stammsprecher wie Thomas Schmuckert, Claudia Urbschat-MIngues, Frank Gustavus, Frank Felicetti, Tim Kreuer, Bethany Bail, Sven Plate und vielen mehr live im Hamburger Theater »Centralkomitee« live aufgeführt.

Wer damals nicht live vor Ort dabei sein konnte (oder das Geschehen ein weiteres Mal genießen möchte), hat jetzt die Gelegenheit, sich die Aufzeichnung der Aufführung ungekürzt zu Gemüte zu führen – im Rahmen einer »Live-Premiere« auf unserem Zaubermond-Youtube-Kanal.

Die Aufzeichnung startet am kommenden Sonntag, den 15. September, um 11 Uhr unter diesem Link und dauert gut zwei Stunden. Dabei könnt ihr einfach nur zusehen und genießen oder, falls ihr bei Youtube angemeldet und eingeloggt seid, sogar in Echtzeit im Kommentar-Chat loben, kritisieren und Fragen an uns richten. Mit dabei sind übrigens auch Frank Felicetti (Sprecher von Donald Chapman) und Stefan Krause (Olivaro) sowie meine Wenigkeit. Wir freuen uns auf eure Kommentare! 🙂

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Hörspielfolge 51 erscheint am 2. Oktober!

von am 25. August 2024
Dorian Hunter 51.1, »Im Reich der Alraunen – Aufstieg«
Dorian Hunter 51.2, »Im Reich der Alraunen – Hekates Garten«

Am 2. Oktober ist es so weit: Die 51. DORIAN HUNTER-Hörspielfolge erscheint unter dem Titel »Im Reich der Alraunen«! Auf der Suche nach ihrem entführten Sohn Martin verschlägt es Dorian und Coco nach Nepal in den Himalaya:

Dorian Hunter bleiben noch sechs Tage, bevor Hekates tödliches Gift seine Wirkung entfaltet. Sechs Tage Zeit, um seinen neugeborenen Sohn zu finden! Aber wohin hat seine Widersacherin Martin verschleppt? Die Spur führt Dorian und Coco zu einem der höchsten Gipfel des Himalaya. Ein lebensgefährlicher Aufstieg beginnt …

Auf dem Gipfel des Amai Dablang erleben Dorian und Coco dann ein geradezu episches Abenteuer, weshalb auch diesmal eine einzige CD nicht ausgereicht hat, um das Hörspiel darauf unterzubringen. Eine Tatsache, die uns im Laufe des Produktionsprozesses ehrlich selbst überrascht hat! »Im Reich der Alraunen« ist damit anders als z. B. Folge 50, »Das Kind der Hexe«, kein geplanter Zweiteiler – aber die Ereignisse auf dem Amai Dablang und in Hekates Garten um mehr als zehn Minuten zu kürzen, wäre auch keine Option gewesen … eher Blasphemie … Darum wird die Folge am 2. Oktober in zwei Teilen erscheinen.

Folge 51.1, »Im Reich der Alraunen – Aufstieg«, und Folge 51.2, »Im Reich der Alraunen – Hekates Garten«, können ab sofort hier im Zaubermond-Shop vorbestellt werden.

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DAS HAUS ZAMIS Romanheft 100: Mark Freier signiert limitiertes Poster zum Jubiläum!

von am 9. August 2024

Am heutigen Samstag feiert das DAS HAUS ZAMIS ein schönes Jubiläum. In der Romanheft-Neuauflage bei Bastei erscheint der 100. Band unter dem Titel »Der Racheengel«. Zu diesem Anlass hat Mark Freier exklusiv eine edle Schwarzweiß-Illustration erstellt, die ausschließlich in limitierter Posterauflage im Format A2 erhältlich ist. Alle 30 Exemplare wurden von Mark Freier persönlich signiert und können ab sofort hier im Zaubermond-Shop bestellt werden.

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Live Talk zu DORIAN HUNTER

von am 21. Juli 2024

Am 1. Juni 2024 fand im Hamburger Theater „Centralkomitee“ die große Feier zum 50-jährigen DORIAN HUNTER-Jubiläum statt. Vor dem Live-Hörspiel interviewte Moderatorin Amy Zayed die DORIAN HUNTER-Autoren Michael Marcus Thurner, Antares Bottlinger, Madeleine Puljic und mich sowie anschließend die Hörspielsprecher Thomas Schmuckert, Claudia Urbschat-Mingues, Frank Gustavus, Tim Kreuer und Stefan Krause. Hier seht ihr den ungekürzten Mitschnitt des Interviews:

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