Kleine Erinnerungen an Hans Kneifel

1. April 2022

Ich lernte den ehemaligen Dämonenkiller-Autor Hans Kneifel auf etwas ungewöhnliche Weise kennen. Ich war 2006 gebeten worden, die Exposés für eine Science Fiction-Miniserie zu entwickeln. Es war das erste Mal, dass ich eine derartige Verantwortung übernehmen sollte. Ich bekam von meiner Redaktion eine Liste mit möglichen Autoren zugeschickt, und unter ihnen befand sich auch der beliebte Münchner Autor. Ich freute mich sehr, mit ihm zusammenarbeiten zu können – und war auch ein klein wenig aufgeregt. Immerhin war Hans bereits seit Jahrzehnten als Autor aktiv und erfolgreich. Ich hingegen bloß ein kleines Würstchen, das erst seit einigen Jahren schriftstellerische Fußspuren in der Verlagslandschaft hinterlassen hatte.

Nun, ich wollte mich nicht irritieren lassen und verfasste für ihn ein Exposé, das ihm zusagen sollte. Meine Redaktion hatte mich vorab informiert, dass Hanns Wert auf Details legte. Wie sieht ein Raumanzug aus, welche Farbe hat er, wie ist er zu betätigen und so weiter – dies alles war wichtig für ihn.
Ich bemühte mich also – und scheiterte kläglich.

Ich erhielt einen Anruf von Hanns. Er war augenblicklich per Du mit mir, was ich als gutes Zeichen wertete – und begann anschließend, mein Exposé zu zerlegen. Was allgemein als schlechtes Zeichen zu werten ist.

Es war tatsächlich so, dass Hanns viele Informationen benötigte, um meine Vorgaben in einen Text umwandeln zu können. Ganz gewiss wollte er mir in dieser Unterhaltung auch mal zeigen, dass er ein alteingesessener Autor war, der sich nicht einfach etwas von einem Jungspund vorschreiben ließ.

Ich machte eifrig Notizen und versprach, alles so zu lösen, wie er es gerne hätte, und nachdem dieser Teil unserer Unterhaltung beendet war, verfiel Hanns in einen angenehmen Plauderton. Wir tauschten uns über unsere Reiseerfahrungen aus, und zum Ende des Gesprächs lud Hanns mich ein, ihn doch einmal auf Sardinien zu besuchen, seinem zweiten Wohnsitz, wo er jährlich einige Monate verbrachte. Wir verabschiedeten uns, als hätte es diesen kleinen Knatsch gebraucht, um anschließend miteinander auskommen zu können.

In den nächsten Jahren traf ich immer wieder mal mit Hanns zusammen. Ich befürchte, ich habe ihn in München in einer Hotelbar schrecklich enttäuscht, als ich ihm sagte, dass ich keinen Alkohol trinken würde und er grad damit beschäftigt war, sich an einer Flasche Whiskey abzuarbeiten. Dafür unterhielten wir uns ein anderes Mal lebhaft über Korsika, einer Insel, in die wir beide verliebt waren. Er erneuerte sein Angebot, mir mal Sardinien zu zeigen, doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Vor einigen Wochen habe ich es endlich mal auf Hanns‘ Lieblingsinsel geschafft – und ich verstehe ihn nun besser. Man kann sich sehr leicht in Land und Leute verlieben, es ist wirklich berauschend schön auf der Insel.

Hans Kneifel hat nicht den allerallergrößten Fußabdruck beim „Dämonenkiller“ hinterlassen. Er hatte einen recht pragmatischen Zugang zum Schreiben, für ihn war das schlichtweg Arbeit, die erledigt werden musste, um leben zu können. Aber wenn er sich einmal in einem Text wohlfühlte und er die Gelegenheit hatte, fremde Kulturen und deren Geschichte lebendig machen zu können, dann war Hanns richtig, richtig gut. So sehe ich auch seine Beiträge zum Dämonenkiller: Mit den Hauptfiguren fing er nicht sooo viel an, aber das Umfeld, in dem seine Erzählungen spielten, interessierte ihn.