Es passiert nicht allzu oft, dass Michael M. Thurner einen Beitrag zu DORIAN HUNTER leistet. Umso mehr freue ich mich, dass er ausgerechnet für Band 82: „Sommernachtsalbtraum“ Zeit gefunden hat, denn das Thema bedurfte besonderen Geschicks. Es ging nämlich um eine Spezies, die normalerweise nicht sonderlich gut in die Horror-Literatur passt: Elfen. Im Gespräch berichtet er über die Arbeit an seinem Teilroman.

AB: Michael, ich habe dir in deinem Roman ein für einen Horror-Autoren eher undankbares Thema gegeben: Nämlich die Alfr, deren Namen im Prinzip einfach das nordische Wort für „Elfen“ ist. Da denken natürlich die meisten Leute erst mal an Legolas und Konsorten.
Wie macht man aus so einer Vorgabe etwas Unheimliches?

MMT: Ich war so richtig, richtig glücklich darüber, dass ich die Elfen/Alfr mal anders interpretieren durfte. Ich mag es, bekannte Figuren oder Völker gegen den Strich zu bürsten. Unschuldig wirkende Kindchen mit großen Augen, die massenmordend durch die Straßen ziehen,  Geschöpfe mit Teufelshörnern, die Liebessprüche auf Polster sticken oder eben Elfen, die einfach nur widerlich sind – das macht den Leser staunen. Hoffe ich zumindest. Und deshalb war ich für diese Vorgaben sehr, sehr dankbar.

Es gibt ja tatsächlich einige alte Mythen, die Elfen in keinem sehr guten Licht dastehen lassen. Genau wie Trolle und Kobolde und ähnliche Wesen sollen sie Menschenkinder gestohlen und gegen ihre eigenen ausgetauscht haben. Diese untergeschobenen Kinder nennt man dann „Wechselbalg“. Und auch das Wort „Albtraum“ kommt von dem Wort Elf bzw. Alb, wie sie früher auch gerne genannt wurden, denn man glaubte, ein Albtraum entstehe, wenn sich ein Elf dem Schlafenden auf die Brust setzt und ihm so den Atem nimmt.
Hast du dich vor diesem Roman schon mal mit diesen Mythen beschäftigt?

Nein, habe ich nicht. Elfen haben mich bislang nicht sonderlich interessiert. Erst im Zuge der Vorbereitung auf den Roman hab ich mich ein bissl mit Elfen auseinandergesetzt, mit ihrem Mythos – und wie sehr unsere Wahrnehmung durch die Darstellung in der „Herr der Ringe“-Trilogie geprägt wird. Auch wenn die Recherche zeitraubend ist, so macht sie doch sehr viel Spaß. Man lernt dazu.

In deinem Teilroman gehen wir zudem weit zurück in die Vergangenheit der Schwarzen Familie und fügen ihrer Geschichte ein neues Puzzlestück hinzu. Wie war es für dich, der Serie auf diese Art mehr „Hintergrund“ zu geben?

Einfach nur großartig.
Auch wenn über die Jahrzehnte hinweg zig Autoren zur Geschichte von Dorian Hunter und Coco Zamis beigetragen haben, so sehe ich immer noch Ernst Vlcek und Kurt Luif als deren geistige Väter. Die beiden haben dazumals sicherlich nicht geahnt, wie groß der Erfolg der Dämonenkiller-Serie sein würde und dass auch vierzig Jahre später immer noch neue Abenteuer geschrieben werden. Sie haben zu Zeiten stockkonservativer Verlagsführung ein wenig die Sau rauslassen dürfen – und hatten mächtig Spaß dran.  Nicht immer, wie wir wissen, aber sie liebten ihre Figuren.
Und ich darf nun dieses Universum ein wenig verbreitern, neue Hintergründe liefern, das Erbe von Vlcek/Luif aufnehmen und ein Stück weiter tragen.
Ich find es auch gut, daß wir mehr über die Schwarze Familie und Dorian Hunter erfahren. Und ohne die zukünftigen Expos gut zu kennen, behaupte ich mal, daß noch mehr Aha-Erkenntnisse auf die Leser warten.

Gehst du an einen Roman, in dem es darum geht das Erbe weiterzuspinnen, in irgendeiner Art und Weise anders heran als an einen, der dem Hintergrund nichts Neues hinzufügt? Ich muss gestehen, dass ich durchaus mal nervös bin, wenn es um solche Romane geht.

Anders … hm.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten immer versuche, was Neues einzubringen. Das muss nicht unbedingt eine unbekannte, uralte Strumpftante Dorian Hunters aus Osttimor sein, die sich ab nun im Elektro-Rollstuhl sitzend an der Hatz auf Dämonen beteiligt. Es geht oftmals um Nuancen. Zum Beispiel um geringe Veränderungen in den Charakterzügen. Oder um Andeutungen, die Stammleser neugierig machen und die zu einer Erweiterung des Dämonenkiller-Universums führen können, aber nicht müssen.
Das gibt mir den totalen Kick. Weil ich ja mit den Figuren permanent kommuniziere. Und auf einmal teilt mir Dorian mit, dass er in seiner achten Inkarnation einige Kinder gezeugt hatte (um jetzt ins Blaue hinein irgendetwas zu erfinden) und dass es ihn interessiere, was aus deren Nachfahren geworden wäre. Das ergibt stets neue Geschichten, neue Facetten.
(Wenn so etwas nicht passt, dann streicht das Lektorat die betreffenden Passagen ohnedies raus 🙂 )
Bei DORIAN HUNTER 82 hab ich diesbezüglich nix gemacht, das Thema hat es nicht hergegeben. Aber es ist nun mal eine Reise, auf die uns Dorian mitnimmt. Ich unterhalte mich gerne mit Mitreisenden, wenn ich unterwegs bin. Auch wenn sie bloß fiktive Figuren sind – sie haben oftmals viel zu sagen.

Vielen Dank! Sommernachtsalbtraum ist für mich persönlich einer der Bände, auf die ich besonders stolz bin. Ich hatte sehr viel Spaß beim Schreiben der Exposés und ebenso viel Spaß beim Lesen der fertigen Romane, da sie meine Ideen sehr gut umgesetzt haben.